Herr Doktor

 

I was born six years after the end of World War II in Germany. Growing up in post-war Germany I experienced a constant high level of general hatred and witnessed a hostile attitude against the American occupation forces.

This calls for an explanation.
What were my first influences?
What was the environment like in which I was born?

This is my attempt to put myself in my grandparent's shoes, to understand this generation and life in Germany shortly before I was born.

I attempted to find original sources for that time, sources capturing the German people's real thoughts, unencumbered by any kind of censorship, or quoting Luther: "Dem Volk auf's Maul geschaut".


1903:

A 1985 picture of my grandpa Rudolf Barwig, born 1903 in Olmuetz [now Czechia].

[For his uncle Franz see: http://barwig.com/Franz/]

 


1924?:

After his promotion [in Mathematics] at University of Heidelberg he worked in his father's company, one year later he was tutoring in Mathematics.

[His father was painting houses, and grandpa loved his father. That joyful relationship ended when his father died.]

 


1927:

After the collapse of the Austrian-Hungarian monarchy he was forced to study Law at the Karl University in Prague [capital of Czech Republic].
On October 7, 1927 he received his diploma,
he got married on October 14, 1927 [and my dad was born on the same evening!],
and started his job as apprentice lawyer on October 17, 1927.

[There was a shortage of lawyers in the Sudetenland and they offered an abbreviated one-year course/lawyer training for college graduates -
which later bit grandpa in the back when in 1948 his law degree was not accepted in West Germany and he had to study law again at age 45.]

 


1931:

Three and a half years later he received an offer for a lawyer's business in Sternberg/North Moravia [north of Olmuetz]
after he finished his 5-year preparation period.

Grandpa told me that in the Sudetenland the Germans and Czech mingled freely and he used both languages interchangeably.
His lawyering was performed in both languages respectively.

 


1939:

The annexation of the Sudetenland to the German Reich created a new situation.
Less the minor position as a lawyer, but more the lack of German judges lead him to apply to serve at the German Justice Department.
In the middle if 1939 he joined the 14 judges at the district court in Maehrisch-Schoenberg [as Justizamtsrat ?]

The Nazi state required that only persons exhibiting natural leadership ability could assume positions of responsibility.
Grandpa joined the Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSdAP), because obtaining any higher rank position
in the German administration necessarily required membership in the party.

Grandpa told me that his special duty as a party member was to participate at a weekly meeting,
in which they compiled a report about the current opinions of the populace ("Dem Volk aus Maul geschaut")
and forwarded that report to Reichsminister Goebbels, so that he could fine-tune his propaganda activities.
[Through these Wednesday meetings, Goebbels obtained thousands of reports from all over Germany.].

 


1940:

Here we have a decent, Catholic, upper class family with one child.
Both parents were highly educated and mingled with the highest ranking officials in town, like the mayor, the doctors, the principals etc.
The construction of their new two-story house was almost finished.
After school, grandma loved to go skiing with her 13-year old son in the Altvater mountains, while grandpa was working in the court building.

 


1942:

Grandpa was promoted to head of the district court before the age of 40. [as Justizoberamtsrat? --see https://de.wikipedia.org/wiki/Gehobener_Dienst]

[At that time the pressure of the Nazi party produced "fruits": After my dad, their only son, was about 15 - as good Germans and good Nazi party members they were expected to produce more offsprings, preferrably at least four. So there came three more, not much more than one year apart, the youngest child was one year old when the war ended.]

[Background: The Nazis realized that an incentive for women to leave their job would create openings for the six million unemployed men. Therefore, the German Labor Procurement Law provided newlyweds a low-interest loan of RM 1,000. For each child born to a couple, the government reduced the loan by 25 percent, and after the birth of the fourth child, the state forgave the loan.

Therefore, four children was the target in Nazi time, and grandma was rewarded the medal "silberne Mutterkreuz" for that achievement, for fulfilling her patriotic duty.

See https://de.wikipedia.org/wiki/Mutterkreuz ]

 


1944:

In 1944 grandpa was called to serve at the German marines. He was in an administrative function in Gotenhafen and later for a short time at the front.

My father was drafted into military service at age 17 and could not finish his high school.

It was hell in Germany. Britains bombed by night, and Americans bombed during the day.

 


1944: Die Nacht des Grauens

Aus: „Darmstädter Echo"

 

Die menschliche Sprache birgt viele Worte für Schrecken und Entsetzen. Überreich hat die dunkle Quelle des Leidens ihre Wortströme in die Sprache der Menschen ergossen. Schmerzen ohne Zahl spiegelt der düstere Grund. Könnte man nun alle Bezeichnungen des Furchtbaren und Gräßlichen, alle verzweifelten Angstschreie und stöhnendes Wimmern, teuflischstes Grauen und jammervollste Erschütterung, alles, was Hölle, Qual, Inferno heißt, in einem einzigen fürchterlichen Ausdruck zusammenfassen, wohlan, es wäre die Nacht auf den 12. September des Jahres eintausendneunhundert und vierundvierzig in Darmstadt.

Unmöglich aber ist es, das Grauen dieser Nacht und was dahinter stand, auch nur halbwegs sichtbar zu machen ... Die letzten Dinge vor der Katastrophe waren von einer eigenartigen Ironie. Am Morgen fand in der großen Ludwigskirche ein Totenamt statt, das der alte Organist sich und der Kirche als Schwanengesang spielte. Am Nachmittag und Abend war ich mit vielen jungen Menschen zusammen, die nicht im leisesten an Tod und Untergang gemahnten. Am späten Abend hörte ich im Funk einige Gesänge aus der sinnenfrohen Rokokowelt des Rosenkavaliers in Straußens zauberischer Musik. "Ohne mich, ohne mich jeder Tag dir so bang, mit mir, mit mir keine Nacht dir zu lang." Sie sollte vielen zu einer Ewigkeit werden. - Ich hörte noch kurz die Nachrichten und ging zur Ruhe.

Knapp eine Stunde vor Mitternacht heulte die Sirene. Das Haus schreckt aus seinem Schlafe auf. Lichter blitzen, übernächtigte Menschen öffnen die Türen und steigen zum Keller hinab. Wie schon so viele hunderte Male werden Koffer und Körbe abgestellt, man setzt sich müde auf Stühle und Bänke. Ich versuche weiterzuschlafen. Ein Lachen flimmert auf, das letzte Lachen für Tage und Wochen. Der Versuch zu schlafen will nicht gelingen. Ich ziehe die Decke wieder herab und brüte dumpf vor mich hin. Da meldet der Funk: Kampfgeschwader an der Bergstraße, mit Kurs Nordost und bei Oppenheim in Ostrichtung. Jäh dämmert es bereits manchem, was dies bedeuten könnte. Noch einige Minuten banger Erwartung und es bricht einer der fürchterlichsten Angriffe los. Schweres Dröhnen in der Luft läßt uns aufhorchen. Das Dröhnen wird stärker, unheimlich kreist es über uns und sucht gierig nach Beute. In wenigen Sekunden ist die Nacht taghell erleuchtet von den Lichtzeichen der Angreifer. Eine fliegende Armee des Todes steht über der Stadt. Wie gelähmt stehen Häuser und Türme im grellen Lichtschein. Hunderte von Hirnen in den Maschinen hören einen Befehl, Hunderte von Armen greifen nach einem Hebel, kalt lösen sich die glatten Bomben und schleudern Brand und Vernichtung auf gelähmte Wehrlosigkeit. Wir hören ein Rauschen in der Luft. Gebannt und versteinert die Blicke, und dann das berstende Krachen! Krachen und Bersten überall. Zuckende Detonationen, lodernde Feuerblitze. Steine und Balken wirbeln, flirrende Scheiben stürzen, die Keller taumeln und schwanken. Staubsäulen steigen hoch wie Fontänen, Lichter erlöschen und Häuser brechen zusammen. Das Inferno ist entfesselt, mechanischer Totentanz menschengelenkter Maschinen. Wogende Todesflügel tosen durch den Raum und wirken grauenvolle Zerstörung. Die Menschen fallen nieder vor dem namenlosen Entsetzen, ziehen die Köpfe ein zu sinnlosem Schutz. Schreie, Gebete, Stöhnen entringen sich den gequälten Seelen. Herzklopfen, Schwächegefühl in Knien und Magen. In unserem Keller sind die Menschen verhältnismäßig ruhig. Ein Kind schreit bei jedem Einschlag laut auf. Seine Mutter beruhigt es. Aber in einer endlosen Kette wiederholt es angstvoll den Ruf: "Mein Jesus, Barmherzigkeit, Barmherzigkeit!" Schutzbrillen und Stahlhelme werden angelegt, Tücher angefeuchtet und vor den Mund und Nase gehalten, Staub und Brandluft dringen ein, durch die Kellerfenster leuchtet roter Brandschein. Wieder und wieder stürzen die Wellen der Tiefflieger über die wehrlose Stadt und reißen grausige Furchen in den steinernen Acker ... Auf der Eingangstreppe entsteht ein Gepolter von herabstürzenden Schritten. Ein Holländer, der früher im Hause gewohnt hat, stolpert mit aufgelösten Haaren die Treppe herunter. Durch brennende Straßenzüge hat er sich im Bombenhagel durchgeschlagen. Fast atemlos berichtet er: "Alles brennt, alles, nur die Kirche und eure beiden Häuser nicht." Das gibt eine gewisse Beruhigung. Wie lange dauert eigentlich die Zeit? Sind Stunden verronnen, sind es Minuten, sind es Ewigkeiten? Erst Dreiviertelstunden seit dem ersten Einschlag. Ich pirsche mich an den im Nebenkeller gelegenen Ausstieg und halte Ausschau. Das erste, was ich sehe: die Kirche brennt lichterloh. Aus der großen runden Kuppel schlagen die Flammen. Ich weiß, das Schicksal der Kirche ist besiegelt, denn die Konstruktion des Kuppelbaues ist aus Holz... Nun wenn ich heraussteigen will, zögere ich. Hat eine neue Angriffswelle begonnen? Ich höre stärkere Detonationen im Stadtgebiet. Dazu ein Dröhnen und Brummen wie von Fliegern. Kälte der Luft und Hitze der Brände lassen einen heulenden Sturm entstehen. Doch die Detonationen? Der Holländer meint, es seien einstürzende Häuser. Ich denke an Spätzünder. Die Wirklichkeit aber ist die, daß ein Munitionszug am Südbahnhof sowie eine Munitionskolonne in der Rheinstraße getroffen sind. Unter starker Explosion fliegen sie, Wagen für Wagen, in die Luft. Diese beiden Züge und der tobende Sturm haben Tausenden von Menschen heimtückisch das Leben geraubt. Denn viele wollten gleich nach dem Angriff ins Freie, aber Sturm und erplodierende Züge täuschten einen neuen Angriff vor. Erschreckt zogen sich die meisten wieder in die Keller zurück. Als sie nach geraumer Zeit die Keller wieder verlassen wollten, sperrten ihnen Flächenbrände und eingestürzte Häuser den Weg. Wiederum in die stickigen Keller, stundenlanges Verweilen, Ersticken an Kohlengasen. Andere wollten sich durch brennende Trümmer durchschlagen. Aber Hitze, Angst und Sauerstoffmangel ließen sie bewußtlos hinstürzen. Sie verkohlten auf der Straße. So kam jene apokalyptische Totenzahl zustande, die mir die Totengräber - berufenste Zähler dieser grausigen Ernte - auf fünfzehntausend schätzen! Fünfzehntausend Menschen in einer Stunde vom Leben zum Tod! Was sind die Totenheere wochenlanger Schlachten, was die Guillotinierten ganzer Revolutionen vor dieser entsetzlichen Zahl?

In unserem Keller war jetzt kein Bleiben mehr. Mit dem Holländer war ich zum ersten Stock hinaufgestiegen. Aus der Wohnung schlagen uns lodernde Flammen entgegen. Heimlich, wie ein Dieb, ist das Feuer über unseren Häuptern eingebrochen, während wir nichtsahnend im Keller saßen. Gebannt starren wir in die züngelnde Glut. Löschen oder Retten von Werten ist völlig aussichtslos. In den nächsten Minuten kann das Feuer zum Erdgeschoß durchgebrannt sein. Wir stürmen wieder hinauf. Ich mache den Vorschlag, zum Ausstieg hinaus auf den Platz hinter der Kirche zu flüchten. Denn im Augenblick geht es nur um die Rettung des nackten Lebens. Man entschließt sich aber den Keller des noch nicht brennendes Hinterhauses aufzusuchen. Mit Mühe öffnet sich vor dem Sturmdruck die Türe. Ich schnalle meinen Rucksack über, mein treues "Sturmgepäck", nehme noch schnell ein wertvolles Buch von meinem Kellerbücherbrett, dazu zwei Koffer und hinaus gehts so schnell wie möglich. Der Boden des Hofes ist übersät mit feurigen Holzstücken, herabgestürztem Mauerwerk und klirrendem Glas. Die Funken wirbeln wie ein rasender heißer Schneesturm um die Köpfe, krachende Balken brechen ringsherum ein... Ich steige zum Speicher empor, schütte Wasser auf das Treppenhaus, die anderen schaffen ähnlich, holen Bettzeug und Kleider aus den obern Stockwerken in den Keller, löschen kleine Brandstellen. Auf dem Speicher herrscht Glutofenhitze. Ich schaue zum Dachfenster hinaus: ringsum brennen bie Häuser... Nach kurzem Kriegsrat wird unbedingter Aufbruch vorgeschlagen, die Aufforderung in den Keller hinabgerufen. Ich stecke noch schnell meine Jacke in kühlendes Wasser, ergreife meinen Rucksack, stürme mit noch einem anderen Manne voran. Über den brennenden Hof, zwischen den Feuerbrand des Bodenhauses, durch die große Torfahrt. Rauch, Funkenflug, Geröll und herabstürzende Steine sind unsere Begleiter. Endlich ist der freie Platz erreicht. Vor einem Gartenzaun sinkt man aufatmend nieder. Ein paar Minuten verschnaufen wir beide. Das brennende Rund der Kirche überstrahlt gewaltig die ringsum lodernden Häuserbrände. Teuflisch schön ist dieses Bild! Menschenleer der Platz. Wie eine Feuerschlange wälzt sich der rote Brand, hebt und duckt sich vor dem grellen Fanal der gebieterisch auflodernden Kirche. Ich stehe gebannt in diesem feurigen Kreise. Feuer, nur Feuer und immer wieder Feuer! Ein Lodern und Brennen, ein Züngeln und Lecken, ein Knistern und Krachen. Rote, gierige Höllenrachen würgen ihre Beute. Die Flammen schlagen empor zu den Sternen. Zu den Sternen? Gäbe es denkende Wesen dort oben, könnten sie wohl den Wiederschein dieser Erdbrände sehen? Nein, wie ein Nichts wäre dieses Feuermeer vor den Dimensionen des Alls. Es toben die kleinen Menschen, es wüten die Elemente, aber die Sterne ziehen weiter ihre kalten Bahnen, und der ewige Geist thront in erhabener Ruhe. Marionettenhaft vollzieht sich unser Geschick...

Apathisch liegen die Menschen umher. Ein alter Großvater und eine junge Frau wimmern leise ob ihrer Brandwunden, die nur notdürftig verbunden sind. Bekannte treffen sich an der Mauer. Ein Vater mit seinem Sohn ist gerettet, Frau und Tochter in den Flammen aufgelöst... Man macht mich auf ein Springbrunnenbecken aufmerksam, das in einem der Gärten liegen müsse. Ich mache mich auf den Weg. Eine flammende Villa ist mir Richtungsweiser. Die glitzernde Fläche eines Wasserbeckens schimmert auf. Wie eine Erlösung ist es, da ich mitsamt den Kleidern in die kühlende Flut springe. Sie reicht mir bis zu den Hüften, auch der Oberkörper wird übergossen. Herrlich gelabt entsteige ich dem Becken und fülle meinen Stahlhelm mit Wasser. Über die Trümmer geht es zurück.. Dankbar tauchen die Menschen ihre Tücher in den Helm, kühlen sich Lippen und Stirn. Andere spülen den Mund ein wenig aus. Wieder stolpere ich zum Becken zurück. .. An die zwanzig Male geht es so, bis alle gelabt sind. Am Wasserbecken findet ein Mann seine Gattin wieder. Wie nach jahrelanger Trennung umarmen sich beide, neugeboren... Unsagbar sind die Nachtszenen, die sich allüberall im weiten Stadtgebiet abspielen. Der übliche Gang des Sterbens war dieser: man blieb zu lange im Keller infolge des Munitionszuges und des Sturmes. Als man dann endlich hinauswollte, gab es kein Durchkommen mehr. Der Keller ward zur Totenkammer, zum Grab und meist auch zum Krematorium. Für die Sterbenden war der Tod nicht immer so grauenhaft, wie ihn der Überlebende aus der Rückschau sieht. Nur Todesangst und Schreie der Verzweiflung drangen aus manchen Kellern. Menschen, die der Tod nur unsanft gestreift, die schon ohnmächtig geworden waren, haben mir berichtet, wie der Mangel an Sauerstoff und das Einatmen von Kohlenmonoxyd bei ihnen schnellere Herztätigkeit, sowie eine gewisse Beklemmung verursacht hätten. Schmerz sei es eigentlich nicht gewesen. Nur ein öfteres Absinken des Bewußtseins ins Bodenlose.

Wo ein Volltreffer das Haus zerstörte, geschah das Sterben meist sehr schnell. Wieder andere verließen die Keller, drangen durch einige Straßenzüge, aber Rauchgas und Hitze raubten ihnen das Bewußtsein. Sie stürzten zu Boden und am Morgen fand man sie als verkohlte Mumien. Ein Mann rettete aus einem Keller noch achtzehn Menschen, nachdem er dort Frau und Sohn tot aufgefunden. Ein Elternpaar mit Söhnen schlägt sich durch mehrere Kellerdurchbrüche. Der eine Sohn bleibt unterwegs ohnmächtig liegen, wird gerettet, die Eltern und der andere Sohn kommen um. Ein Apotheker wird mit durchschnittener Kehle aufgefunden, das blutige Rasiermesser noch in der Hand. Das Haus war infolge Luftminen über ihm zusammengebrochen, die anderen im Keller durch Lungenriß getötet. Er stand allein, gefangen in diesem Todeskeller inmitten der umherliegenden Leichen. Verzweifeltes Grauen drückte ihm das Messer in die Hand. Alle Varianten des Schicksals toben sich aus. Soldaten kommen von der Front und sind die einzig Überlebenden großer Familien. Wochenlang noch suchen Menschen ihre Angehörigen, die vermißt sind, wie vom Boden verschwunden, vielleicht auf der Flucht in andere Keller geraten, vom zusammenstürzenden Mauerwerk begraben, unbekannt schlummernd bis zum Jüngsten Tage.

Auf dem Kapellplatz werden viele Menschen gerettet, indem Feuerwehr sie ohne Unterlaß mit Wasser übergießt. Auf einem anderen Platz ist ein flaches Wasserbecken, darin sich ein halbes Hundert Menschen wälzen. Zu ihren Häupter steht das schwertgestützte Denkmal Bismarcks. Unbeweglich schaut es auf die lodernden Brände und die Qual der Menschen. Fünfzig stiegen in den Brunnen, zwölf nur erhoben sich am Morgen aus diesem Grabesdenkmal! In einem großen Keller der Rheinstraße zerspringen die Rohre der Heizung. Siedendes Wasser zischt über die Leiber der sechzig Eingeschlossenen! Als am Morgen Männer an Strickleitern hinabstiegen, finden sie nur noch völlig verkochte Menschenteile!

Das Schauerlichste aber spielte sich an anderer Stelle ab. Zwei junge Frauen, die in Hoffnung waren, stürzten ohnmächtig auf der Straße nieder. Bei verbrennendem Körper geschah die Frühgeburt. Das neue Leben, totem Leibe entquollen, verbrannte ebenfalls. Ehrfurchtsvoll ließ man dieses Grauen noch einen Tag auf der Straße liegen. Wehe den hoffenden Müttern in jenen Tagen! Kann die Feder dieses Gräßliche schildern. Alles Gräßliche, Schauerliche und Entsetzliche? Wird Kunst wieder Chaos, Dissonanz, stammelndes Geschrei und hilfloses Lallen? So wie es nach bem ersten großen Kriege war? Wird endlich aus dem Blute der Getöteten und den verkohlten Gebeinen ein millionenfacher Schrei sich erheben gegen den Wahnsinn des Krieges?

Auch diese Nacht ging vorüber. Eine fahle Dämmerung zeigte das Kommen des neuen Tages an

Unter den umherliegenden Ästen suchte ich mir einen derben Knotenstock und schickte mich zu einem ersten Rundgang durch die Trümmer an. Die Feuer waren allenthalben herabgebrannt, die Häuser eingestürzt und ein dichter Rauchnebel lagerte über der Stadt... Ich wanderte den Berg hinab, dem Mittelpunkt der Stadt zu. Auf den Straßen lagen die verkohlten Leichen. In der Düsternis mußte man aufpassen, daß man nicht über sie stürzte.

Eine junge Frau lag da wie eine schlecht geratene Plastik. Die Beine mit verkohlten hohen Absatzstiefeln nach hinten in die Höhe gereckt, die Arme wie zur Abwehr hoch erhoben. Das Gesicht, noch andeutungsweise, aber verkohlt, erhalten, der Mund mit bräunlichen Zahnreihen weit geöffnet, so daß man nicht wußte, ob dieses Antlitz lachte oder schrie. Wie eine schwarze Schneiderpuppe lag dieser Menschenrest am Boden. An anderen Stellen lagen Leichen umher, die man aus den Kellern geborgen. Unverbrannt, blaurot aufgedunsen. Noch acht Tage lang lagen manche an solchen Sammelstellen. Das Gesicht mit steinbeschwerter Pappe bedeckt, einige mit Blumensträußen, die eine mitleidige Freundeshand niedergelegt hatte. Menschen suchten ihre Angehörigen unter diesen oft übelriechenden Leichen und fanden fie nicht. Ich taste mich weiter zum Ludwigsmonument. Der Blick fällt auf die ausgebrannte Post, streift die Runde des Platzes, wo Ministerium und Ämter standen. Die große Rheinstraße hinab steht kein einziges Haus mehr. Auch das Schloß ist ein Raub der Flammen, dahin die Tausende von Büchern der Bibliothek mit ihren wertvollen Beständen... Endlich nach halbstündiger Wanderung stoße ich an der Elisabethenkirche auf die ersten unbeschädigten Häuser. Da wurde mir klar, daß der größte und wesentlichste Teil der Stadt vernichtet war. Im Norden ist noch ein heiler Fleck, der aber eine Woche später schwer angeschlagen wurde. Ich wandere weiter nach dem Westen. In den wenigen erhaltenen Häusern schlafen jetzt die Menschen nach den Schrecken der Nacht... Ich komme zum Industrieviertel in der Nähe des Hauptbahnhofes, der nach zwei Tagen stark mitgenommen wurde. Auch dort ist viel vernichtet. Nur die Fabriksschlote stehen wie ragende Fanale einer technisierten Zivilisation, die in dieser Nacht ein selbstmörderisches Harakiri an sich vollzogen hatte... Ich beende meinen Rundgang nach dem Süden zu und gelange zu der Erkenntnis, daß acht Zehntel der Stadt völlig zerstört sind. Von den acht evangel. Kirchen sind sieben nicht mehr benutzbar, bei den katholischen ist es ähnlich. Das Gefängnis steht fast unbeschädigt inmitten der ausgebrannten Altstadt. Keinem der Gefangenen war auch nur ein Haar gekrümmt worden (!!!) ... Durcheinander, Chaos. Alle Gesetze sind aufgehoben. Man fährt ohne Fahrkarte auf den Trittbrettern der Güterwagen. Man fährt mit dem Rad auf den Fußsteigen, gegen Einbahnen, über die Blumenbeete der Parks. Die Eisenbahnen haben keine Fenster mehr, die Trittbretter durch den Tagesangriff auf den Bahnhof verbogen, die Geleise oft nur schwer befahrbar. Keine Aerzte, keine Schule, keine Kaufhäuser, keine Post, kein Telephon, kein Telegraph. Man scheint völlig von der Umwelt abgeschlossen. Noch schlimmer ist das Fehlen der einzelnen Lebensdinge. Kein Wasser, kein Licht, kein Feuer. Eine Kerze wird zur Kostbarkeit, ein Ziehbrunnen ist Reichtum. Aus dem Chaotischen aber wird das Primitive, Improvisierte, das Einfache geboren. Ein Omnibus wird zum Postamt, eine hölzerne Schreibmaschinenhülle zum Briefkasten. Symbol einer ganzen Zeit, da wir mit Gewalt aus raffinierten Überfeinerungen zum Urtümlichen gezwungen werden. Mensch werde wesentlich! Auch Besitz und Eigentum werden neu erlebt. Mit einer ungeheuren Wucht verspürt man den Besitz als ein von oben Geliehenes, jederzeit kündbar. Absolutes Eigentumsrecht gibt es nicht. Viele Menschen jammern um den Besitz ihrer Habe, andere lächeln ingrimmig darüber. Nur wenige haben die innere Freiheit des großen Armen, Francesco von Assisi, der singend in den hellen Morgen schreitet. Eines aber ist sicher: Eine ganze Stadt ist über Nacht zum Proletarier geworden! Ein anderes jedoch ist beglückend: Bruder, Mensch. Einen Freund zu treffen ist frohestes Erlebnis. Die Überlebenden rücken sich näher, Menschen sind wieder Brüder.

Ich schließe den Kreis meines Rundganges. Da steigt über den ausgebrannten Fassaden und rauchenden Trümmern der feurige Sonnenball empor und beleuchtet dieses schwelende Bild eines fahlen Weltunterganges noch schauriger als in der Nacht die blutroten Flammen.

 

Am 9. 11. 1944 nach der Einnahme von Aachen, schrieb die Zeitung der amerikanischen Armee „Stars und Stripes": „Die Amerikaner sind nicht nach Deutschland gekommen, um den Mördern von Kindern die Köpfe zu streicheln, oder SS-Verbrecher zu päppeln, die Amerikaner sind in dieses Land von Gangstern gekommen, um hier Ordnung zu schaffen und die Verbrecher der Justiz zu überantworten."

Sources:

 


1945:

Grandpa was captured and a prisoner-of-war of the British and interned because of his rather high civilian rank.

 

from JCS 1067 (source: https://history.state.gov/historicaldocuments/frus1945v03/d351):

8. Suspected War Criminals and Security Arrests:

a. You will search out, arrest, and hold, pending receipt by you of further instructions as to their disposition, Adolf Hitler, his chief Nazi associates, other war criminals and all persons who have participated in planning or carrying out Nazi enterprises involving or resulting in atrocities or war crimes.

b. All persons who, if permitted to remain at large would endanger the accomplishment of your objectives will also be arrested and held in custody until trial by an appropriate semi-judicial body to be established by you. The following is a partial list of the categories of persons to be arrested in order to carry out this policy:

  1. Officials of the Nazi Party and its formations, affiliated associations, and supervised organizations, down to and including Local Group Leaders (Ortsgruppenleiter) and officials of equivalent rank;

  2. All members of the political police, including the Gestapo and Sicherheitsdienst der S.S.;

  3. The officers and non-commissioned officers of the Waffen S.S. and all members of the other branches of the S.S.;

  4. All General Staff Corps officers;

  5. Officials of the police holding a rank, or equivalent positions of authority, above that of Lieutenant;

  6. Officers of the SA holding commissioned rank;

  7. The leading officials of all ministries and other high political officials down to and including urban and rural buergermeister and officials of equivalent rank, and those persons who have held similar positions, either civil or military, in the administration of countries; occupied by Germany;

  8. Nazis and Nazi sympathizers holding important and key positions in (a) National and Gau civic and economic organizations; (b) corporations and other organizations in which the government has a major financial interest; (c) industry, commerce, agriculture, and finance; (d) education; (e) the judiciary; and (f) the press, publishing houses and other agencies disseminating news and propaganda. It may generally be assumed in the absence of evidence to the contrary that any persons holding such positions are Nazis or Nazi sympathizers;

  9. All judges, prosecutors and officials of the People's Court (Volksgerichtshof), Special Courts (Sondergerichte) and other extraordinary courts created by the Nazi regime;

  10. Any national of any of the United Nations or associated states who is believed to have committed offenses against his national law in support of the German war effort;

  11. Any other person whose name or designation appears on lists, to be submitted to you by the J.C.S. or whose name may be so notified, to you separately.

 

As an high ranking Nazi, categorized as a hopelessly non-re-educatable Nazi ["hoffnungsloser Fall]" , he spent three years in a Nissen hut in POW Camp 165 Watten, the most secure camp in the United Kindom, a highly secret internment camp in the far-northern part of Scotland. [how romantic! see below the category C+ article]
See https://en.wikipedia.org/wiki/Nissen_hut

He was classified as "black" prisoner, regarded as hard-line and dangerous Nazi.
He was not allowed to work in the surrounding farms, and was often interrogated and
subjected to "de-Nazification", which meant, he was simply shown newsreels and propaganda films about the horrors
the Nazis committed under the name of the Third Reich.

[Needless to say, this highly unsophisticated "de-nazification" strategy did not produce much results.]

 


 

The Special Case of Germany (1943)

In G. W. Lewin (Ed.), (1948): Resolving social conflict (pp. 51-55).

 

THE HEART OF THE GERMAN PROBLEM

It seems to follow, then, that the basic requirement of a change in German culture toward democracy is a change in the role of the leaders and of the followers.

That German citizens have never known how to criticize their bosses has frequently been observed. In German culture "loyalty" is typically identified with "obedience." They do not see any other alternative to efficient group organization based on obedience but an atmosphere of laissez faire and inefficiency based on individualistic freedom. The Hitler regime has done everything to strengthen this view and to identify democracy with decadent inefficient lawlessness. After the last war the liberal German newspapers discussed the meaning of democratic leadership and democratic discipline in an attempt to educate the public away from the alternative of blind obedience or respectlessness and lack of responsibility. The English idea of "His Majesty's loyal opposition" was used to point out the positive functions and the responsibilities which the opposition parties have in a parliamentary system. To the German reader these articles sounded strangely unreal and unbelievable. They seemed as contrary to the German concept of human nature as the idea of fair play, a concept utterly strange to German culture.

Such articles, obviously, had little influence on the political action of the Germans; I doubt whether the results would have been better if they had been multiplied a hundredfold. To understand what is being talked about the individual has to have a basis in experience - as a child in a student council, in the hundred and one associations of everyday life; he has to have some taste of what democratic leadership and the democratic responsibility of the follower mean. No lecture can substitute for these first-hand experiences.

Only through practical experience can one learn that peculiar democratic combination of conduct which includes responsibility toward the group, ability to recognize differences of opinion without considering the other person a criminal, and readiness to accept criticism in a matter of fact way while offering criticism with sensitivity for the other person's feeling. The attempt to change one element alone will merely lead to a situation where the weight of the other elements will re-establish the previous total pattern.

WHO CAN BE CHANGED IN GERMANY?

Which groups of people are particularly important for the positive aspects of reconstruction?

In regard to social classes, we have already discussed the necessity for breaking the rule of the Gestapo and the Junkers. It is difficult, without knowing in detail the present social constellation, to make any definite statement. As we have seen, a strong change in the cultural setting has more chance of permanence than a slight one (although there is, of course, the phenomenon of the pendulum's swinging too far). It would be most unfortunate if the attempt were made to place in power those sections of the German population whose aim it is merely to return to the pre-Hitler atmosphere in Germany and who are afraid of any drastic democratic setting. Such a situation - for instance, the establishment of the Hapsburgs in Austria - would not be stable, it would either mean the return to Fascism in a modified form or - and that is more likely - it would lead to a genuine revolutionary uprising.

More than usual one will have to take the age levels into consideration In regard to changes, three age levels might be distinguished

  • (a) the people above forty who have experienced something other than Nazism in their mature lives;
  • (b) the people between twenty and thirty whose formative years have been dominated by Fascism and who are thoroughly indoctrinated; and
  • (c) the children.
For each group the problem is somewhat different. We shall discuss briefly the first and the second, because they will determine the atmosphere in which the children will be acculturated.

(1) Among the people over forty there are many who had strong liberal convictions. Although most of the leftist leaders may have been killed, there is doubtless a sizable body of people who are ready and eager to establish a new "free" Germany. We might expect that many will have learned from the mistakes after 1918 and will try to do a better job this time. Along cultural lines these people probably need most a better understanding of how an efficient democracy works. What they at present understand as democracy or freedom lacks both the leadership and the discipline of an efficient democracy.

(2) The twenty-year-olds who have no cultural past other than Fascism to which they could return and who have well-established cultural habits are considered by some observers as a "lost generation." They might well become that, go underground, and prepare the next world war; for that seems the only ideal toward which a generation in whom Nazi culture remains shaken but not changed can strive.

I am not persuaded, however, that this is the only possibility. A large section of this group must now be inwardly desperate. They know that something is wrong with Nazism. It would not be surprising, therefore, if this group were psychologically in a frame of mind not so different from the psychological situation of the autocratic leaders in the experiments - the ones who were "converted" and retrained in a short time. It seems not at all impossible that a frontal attack on the problem of changing a selected group of young Nazi leaders in every field of endeavor would be more successful in bringing about a radical change from autocracy toward democracy in Germany than the attempt to remodel the older generation whose ideal leaned toward laissez faire. These young people who are familiar with problems of leadership and who have a deep need for change would - if they could be changed - promise a more deep and stable change in atmosphere than groups that strive toward a return to the old or toward slight changes. There is, of course, no hope for conversion of the young without a strong and new positive ideal.

WAYS OF CHANGING GERMAN CULTURE

Mere propaganda, and particularly propaganda from the outside, will not change German culture. If a sufficiently deep and permanent change is to be accomplished, the individual will have to be approached in his capacity as a member of groups. It is as a member of a group that the individual is most pliable. At the same time such a group approach can better influence relatively deeply large masses than either the individual approach or the mass approach through propaganda.

It is natural to think of the school system - from the nursery school to the university - as an organization through which the culture of a nation can be changed. Yet one should be clear about its limitations. The idea, for example, of using some 100,000 foreign teachers or former refugees seems to have been abandoned, because it would lead to nothing but a strong negative reaction. It has been suggested, again, that the Allies be content with securing certain minimum requirements concerning textbooks, that, of course, would not contribute much toward changing German culture.

I think one should neither under- nor over-rate the importance of the educational system. It is, of course, very important for long-range planning. Yet the atmosphere in education is but a mirror and an expression of the culture of the country; it changes with every change of its general social atmosphere - as the history of German education between 1918 and 1933 shows strikingly enough. Education of children, therefore, is in the beginning less important than a change in leadership.

Change in culture requires the change of leadership forms in every walk of life. At the start, particularly important is leadership in those social areas which are fundamental from the point of view of power. Ideology and power problems are closely linked. The shift of political power to other sections of the population and the change in leadership techniques in the fields of politics, law, law enforcement, and economics are, therefore, fundamental. Only as a part of such a political change can a cultural change toward democracy occur and survive.

To my mind, not too much can be expected from an exchange of potential leaders between countries, although such an undertaking is laudable. There is a definite limit to what a person can learn in the unrealistic setting of being a guest, outside of the particular atmosphere in which he will have to work. Much more promising would be a training "on the job." The reconstruction after the war should provide ample possibilities of collaboration for Germans and non-Germans, opportunities which could well be used for the training or retraining of youthful German leaders. This training does not need to bear the stigma of "education," because a job is to be done, a job of co-operation in the interest of Germany. It could be demonstrated there and experienced first-hand that "democracy works better." If strategically managed, such training on the job of leaders and trainers of leaders might well reach into every aspect of community leadership. It might help to set in motion a process of self-re-education.

The ideas discussed herein seem to point to a procedure which offers at least some realistic hope of success. Whether or not an attempt along this line can be made, and how successful it would be, depends on the world situation. Moses led Israel through the desert for forty years, until the generation that had lived as slaves might die, and the rest learn to live as free people. Perhaps there are still no faster or better methods for the permanent cultural re-education of a nation.

 

 


 

1944 U.S. Pocket Guide to Germany

 

I. YOUR JOB IN GERMANY

Whether you fight your way in, or march in to occupy Germany under armistice terms, you will be doing a soldier's job on the soil of the enemy.

The occupation of Germany will give you your chance to build up a personal guarantee that as soon as you tum your back to go home, the German will not pick up his shooting irons and start throwing lead and lies at an unsuspecting world once more. One of the greatest challenges of the Peace to come is to make certain that the German people will take their place as law-abiding, useful Citizens in the family of nations.

On German soil, you are expected to observe local laws and regulations except as modified or amended by your own military authority.

Local customs, specially those touching upon religion, are to be given consideration and respect.

Respect property rights. Vandalism is inexcusable.

Rifling of orchards and fields and unauthorized appropriation of food stores are contemptible and punishable by court martial.

Remember that conquered and occupied nations will be critically short of food. Depriving the people further will create great hardship and in the end will cause conditions that will make your own job a harder one.

It is always a strain on our supply lines to feed people of occupied countries. Don't strain it further.

Don't belittle or be critical of fighting qualities of former soldiers. By now you will have had a good opportunity to judge just how good a fighting man the enemy is. The point is, we don't like to kick people when they are down.

There must be no fraternization. This is absolute! Unless otherwise permitted by higher authority you will not visit in German homes or associate with Gernans on terms of friendly intimacy, either in public or private.

They must never be taken into your confidence.

This warning against fraternization doesn't mean that you are to act like a sourpuss or military automaton. Your aspect should not be harsh or forbidding. At home you had Minor transactions with many people. You were courteous to them, but never discussed intimate affairs, told them secrets, or gave them the benefit of your confidence. Let that behavior be your model now.

The Germans will be curious. They will be interested. Their interest will be aroused by observation. They will notice your superb equipment. They will notice your high pay (high compared lo the standards of their own and other European countries). They will observe your morale and the magnificent spirit of cooperation and mutual respect that exists in the American Army. And they will ask questions about America and American life.

Within the limits of your instructions against fraternization and intimacy, you can by your conduct give them a glimpse of life in a Democracy where no man is master of another, where the only limit of success is a man's own ability.

But don't argue. Don't try to convince them. If you can plant the seed of your pride of your country and its way of life, time and others will do the rest.

In the meantime your very presence on German soil will serve as a constant demonstration to the German people, that the master race theory that sent them forth to bathe the world in blood, was just so much tragic nonsense. According to its own values, they should be occupying your home town instead of your occupying their soil. The "master race" didn't make their point.

II. on GUARD

KEEP YOUR DISTANCE

You are in enemy country!

These people are not our allies or our friends.

They are bound by military terms.

However friendly and repentant, however sick of the Nazi party, the Germans have sinned against the laws of humanity and cannot come back into the civilized fold by merely sticking out their hands and saying "I'm sorry."

It is up to the people to prove they deserve a place once more among respectable nations.

Don't forget that eleven years ago a majority of the German people voted the Nazi Party into power.

The German people had all read Hitler's "Mein Kampf". They knew what Hitler meant to do to the minorities and the world. This book told them and a majority of them voted for the Nazis knowing this would give the Nazi Party absolute control, with Hitler as Chancellor.

With Hitler firmly entrenched in power the plan in "Mein Kampf" began to come true - the bullying of races, the destruction of peaceful nations, the march toward world conquest. And this gangster racket was enthusiastically and energetically supported by the German people - as long as it seemed to succeed. Remember the record.

You are not in Germany, however, to carry a chip on your shoulder or to brutalize the inhabitants. We are not like the Nazis.

But you are not there on a good will errand either.

KEEP YOUR EYES OPEN

Even after a surrender, or the signing of an armistice, keep your eyes open on German soil. Be careful.

Don't take chances.

You are in unfriendly territory. Your life may be in more danger than it was during the battles. On the firing line you kept your eyes open and your wits about you every second. That is why you are alive today. You cannot afford to relax caution now.

During the war, Germany kept 500,000 trained killers at home, the black-uniformed "S. S. Guards", a branch of Himmler's "Gestapo", the German Secret Police.

With the defeat of Germany what are left of these 500,000 will discard their uniforms and disappear into the anonymity of civilian clothes. Many thousands of other Gestapo men and soldiers as well will do the same.

This will not make them less dangerous. It will make them more dangerous. It will enable them to strike in the dark.

Many will go "underground", and many will insist they were anti-Nazi and anti-Hitler all the time.

You must remain an alert soldier.

Protect yourself at all times.

KEEP YOUR GUARD UP

You have already found out by the hard way that war is not a sport like football, or boxing, played under set rules and ending with the call of "Time !"

In prize-fighting, when the bell rings to end the round, only the careless Fighter drops his hands. Even then, if his opponent reaches over, clips him one on the jaw and knocks him out, the victim can get justice and relief from the referee. When he wakes up, he will find that his treacherous foe has been disqualified.

The difference in war and the occupation that follows war is that the fellow who drops his guard and gets clipped, doesn't wake up.

Don't forget that you're ordered into Germany now partly because your fathers forgot so soon what the war was about last time. They took it for granted that the friendly reception the Germans gave them after the Armistice in 1918 proved that Germany meant well after all. Our whole country let down its guard too easily last time.

This time, you may not get such a friendly reception.

German hatred against America has been concentrated by education, propaganda, and the accuracy of the Allied Air Forces bombardment. The German believes that had it not been for American intervention, this time his old dream of world conquest would have been realized.

So, keep your left out. Trust no one but your own kind.

Be on your guard particularly against young Germans between the ages of 14 and 28.

Since 1933, when Hitler came to power, German youth has been carefully and thoroughly educated for world conquest, killing, and treachery.

One of the things in which we take pride in America is the spirit of sportsmanship, decency, and fair play instilled into our boys during their education.

Most young Americans hate a bully, despise a snitch, and have nothing but contempt for a double-crosser.

In school you learned from your teachers and from the other kids that it wasn't smart to pick on a little guy, or tell tales. When you played games you were taught to fight to the last whistle no matter how big the score against you: you learned not to cheat and that if you couldn't win fairly, then you took your licking like a man and shook hands with the man who beat you.

You learned that these rules were good ones to take into life with you when school was over, that you belonged to a community of free men with all the rights and privileges inherent in a Democracy, that the loyalty you gave to your government was loyalty to a country governed by representatives of your own chasing.

You know that to be born free and equal meant that you were no better and no worse than anyone else but that you would have a decent chance to prove your abilities in fair competition.

Since the year 1933, the German boy has been taught deliberately the exact opposite.

You have heard the quotation - "Just as the twig is bent, the tree's inclined." It means that every man is the product of his early education, during his impressionable years.

The young German, through his most impressionable years, has been taught that the strong are entitled to pick on and destroy the weak, that it is noble to squeal on a pal, or even snitch on a member of one's own family, that if you can win by cheating it's just as good as winning any other way, that a promise or word of honor given is to be kept only as long as it suits its purpose and can be broken at any time.

He has been taught to torture and stand torture. He has been told over and over again that he is a member of a master race and that all other peoples are his inferiors and designed to be his slaves.

He has learned to sacrifice everything, himself, his family, even his wife, for Adolf Hitler and the Nazi party. He has only one fanatical loyalty and that is to Adolf Hitler. And it will make no difference whether Hitler is alive or dead. The fanaticism to the Hitler ideal of master race conquest and rule will remain.

He will not change overnight when the Armistice is signed and the shooting stops. He won't be converted immediately in the towns and villages you oeeupy behind the lines as you advance into Germany.

The German youth is a nice looking chap, much like the average fellow you grew up with back home. You May ask yourself how a guy who looks pretty much like one of us could believe and do all the things we know he believed and did. The difference is inside him - in his character. For your own safety and the safety of your comrades never for an instant forget that he is the victim of the greatest educational crime in the history of the world.

From childhood, in all his schools, he has heard one teaching: that force, ruthlessness, and blind obedience to the Führer will carry him and the German people to a position of dominance over all other peoples of the world. By hearing this doctrine constantly repeated throughout his formative years, he has come firmly to believe in it.

Action according to such teaching, silly as it sounds, is a habit with German youth today. You must be prepared to recognize it.

Other American and Allied representatives, when the peace is made, will concern themselves with the cure for the German disease - to destroy forever the German physical power and will to attempt world conquest. Your own duty is to be aware of the facts and to protect yourself at all times.

WHAT THE GERMANS THINK OF U. S.

You are going to find out that many Germans grew up with the idea that America was mostly full of cowboys and Indians and rich uncles. Germans who lived through World War I remember that Uncle Sam was pictured as a rich old skinflint who lent money to the Allies and made big profits out of their fighting and dying. After that war and before the Nazis came in, the Germans got a different idea about America - a country of sky-scrapers and millions of automobiles, of mass-production and unlimited resources.

At that time there developed a great deal of admiration and respect for America, so much in fact that many Germans in the late 20's were talking about the "Americanization" of Germany. Most Germans had relatives in our country or had friends who had relatives there. It was also recalled that the American Army of Occupation in the Rhineland had treated the people with great consideration and that the United States had not ratified the Treaty of Versailles.

When the Nazis came into power, they wanted to prove that Nazi Germany was better than any country in the world. They thought it was particularly important to run down America and especially American democracy. They therefore tried to obliterate all of the better impressions which Americans and American ways had made during Republican days in Germany. Our country was pictured as a land of great wealth and terrible poverty, corrupted by politicians, terrorized by gangsters, and fil1ed with unemployed.

Since we have been at war with Germany the worst propaganda of all has appeared. At first our armed forces were pictured as nice, simple-minded boys who made poor soldiers, but after we landed in Africa, Sicily and Italy and our Flying Fortresses blasted Germany day after day, they changed their tune. They called our soldiers vicious and brutal, products of gangsterism and corruption. Our airmen were represented as bombing only churches and hospitals and deliberately machine-gunning women and children.

"ALIBIS"

German propaganda against America indicates that the most powerful weapon wielded by the Nazi state, before and during the war, was the lie.

This weapon will not be relinquished when the German soldier is defeated and shooting stops.

The defeated German enemy may play for sympathy. He displayed this tendency after the last war in 1918, and may be expected to do it again on a larger and grander scale.

Having lost the war, you may be sure he will make every effort to win the peace.

He may have a whole series of "alibis" at the tip of his tongue; they will not be good "alibis".

Not to lead yourself into argument with the enemy, but to know the truth about your country's position in the war, read a few typical German propaganda lines, and some American answers to them:

German line: "Germany did not start this war."

American answer: "Germany declared war on the United States in December, 1941, five days after Germnany's ally, Japan, had attacked us at Pearl Harbor. As for Britain and France, they went to war in September 1939 in fulfillment of their pledge to Poland when the German armies ruthlessly invaded Poland. Previous to that, England and France, like practically everyone else, had done their best to appease Hitler and Mussolini and avoid war. (Remember what happened at Munich in September 1938). As for Russia, she went to war against Germany in June, 1941, because she was invaded by the Germans in flagrant violation of the German-Soviet non-aggression pact."

German line: "Even granted that the Nazis wanted war, the German people as a whole wanted peace and now that the Nazis are out, everything will be lovely."

American answer: "Certainly the Germans wanted peace, as long as they could get everything they wanted (world domination) without having to fight for it. But it's a funny coincidence that twice in a generation the German people have supported Governments, the Kaiser's and Hitler's, that were dedicated to a policy of war-making and aggression and brutality and hatred of democracy."

German line: "Why should Americans be unfriendly to Germans? Aren't there X million Americans of German descent, and aren't they good citizens and good people*"

American answer: "Sure. But the Germans who emigrated to America were the Germans who loved freedom and hated tyranny. The great wave of German migration to the U. S. followed the unsuccessful revolution of 1848 and it was composed of men and women who left their old homes and went out to take their chances in a new country rather than submit to a tyrannical government. No wonder the descendents of these brave people are ready to fight for their freedom against all comers."

German line: "The real villains in the world are the Jews or the Catholics or the Freemasons or the Communists or the International Bankers who exploit the people and start wars."

American answer: "Hitler said that if you tell a lie that's big enough people will believe you. He made too many Germans believe his propaganda lies about various races or faiths or classes. But he failed to put those lies over on the American people, or the British people, or the Russian people. And that's why he lost the war. And the sooner the German people start learning the truth, the sooner will Germany gain a respectable place in the family of nations."

German line: "After World War I, it was the cruel, inhuman terms of the Treaty of Versailles that made World War II inevitable."

American answer: "The idea that the Treaty of Versailles was cruel is a German propaganda story that has had pretty wide play, and some acceptance. Actually, the Treaty of Versailes was generous compared with the terms imposed by the Germans on the Russians by the Treaty of Brest Litovsk in 1917; the Allies' treatment of Germany after World War I was generous compared with Germany's treatment of all the countries she has conquered and occupied since 1939."

German line: "Americans in this war were suckers. They fought not for the interests of their own country but for the interests of British imperialism and Russian communism."

American answer: "We've heard that one before. And we know that you're trying to tell the British troops right now that they fought for American Imperialism. We fought this war as Americans for America. We fought against the Germans and the Japs because our own freedom was threatened and because the interests of our own country were tied up with those of the British and the Russians and the Chinese and the French and all other fighters for freedom."

Just as you helped to defeat them with your weapons and your courage so you must be prepared to defeat lies with knowledge of the truth and view self-pitying appeals for sympathy with clear-headed realization of the issues at stake.

Otherwise you may have to take up arms again. And if not you, than certainly your children.

The German isn't sorry for the millions of dead, wounded, homeless and maimed in Europe, the result of his lust for loot and conquest. He is sorry for himself. He is sorry that the ravages of war which he set out to inflict on other peoples were, in spite of all his efforts, visited upon him. He is sorry that again he has suffered defeat.

He will try to make you sorry for him too. Don't fall for it.

He is very apt, if he can get to talk to you, to try to plant seeds of disunity, racial intolerance and discontent, in your mind. If he does, don't fall for it.

The German will justify his defeat by charging that it took a world coalition of United Nations to do it, that Germany stood alone against the world. Don't bite! On the contrary, the coalition was Germany, Italy and Japan. And besides, who started the party?

Don't forget: If the German plans to repeat his own history, he will try at least to sow the discord to prepare for another attempt at conquering the world.

HEALTH

Health conditions in Germany prior to the war were good. Even though the disease rates were slightly higher than in the United States, the average person could travel throughout Germany without any greater risk than in this country. Water supplies and restaurants in the cities were safe, those in the rural areas less reliable. There were no special diseases that were to be found in special parts of the country.

Unquestionably conditions have deteriorated during the war. Water supplies are not as reliable and food is not as safe. Typhus has occurred and the number of lice has increased. A scarcity of soap has lowered standards of cleanliness. Diseases have become more prevalent. Among these are the venereal diseases. If you become exposed to venereal infection, report for immediate prophylactic treatment.

In general, if you follow usual army health procedures, with special care to avoid unsafe water and food, and to keep yourself free of lice, you'll run no greater disease risks than under similar conditions in any other country.

MARRIAGE FACTS

Now that you are on foreign soil, you should know that marriage to a foreign girl is a complicated procedure. Before you get too romantic remember that foreign girls do not automatically become citizens upon marriage to an American. It takes three years of residence in the States before she can even take the examinations. In any case, you cannot marry without the authorization of your commanding officer. Even with this permission, you would have difficulty getting your wife back to the U. S., since there are no provisions for transporting dependents during wartime, nor are there likely to be for a long time to come.

BACKGROUND

NAZI VACUUM

To an American, used to the freest press the world has ever known, it seems impossible for a nation to have been almost completely shut off from all external news for four years or more, especially since the perfection of radio, but that is what has happened in Germany.

Ever since the advent of Hitler, and especially since the war, the German people have been living in a vacuum as far as the truth and real news is concerned. Into that vacuum the Nazis have pumped only such news as they wanted the people to have and such lies or misstatements as they thought necessary for the survival of the Party. They tortured and killed as they pleased in order to keep themselves in power and to carry out their plans of world conquest. They suppressed all political opposition. They herded hundreds of thousands of innocent people into concentration camps. The people were forbidden to listen to any foreign or domestic radio broadcasts except those controlled by the Nazis.

Thus the Germans have heard only what the Nazis wanted them to hear or read. Among other fairy tales, they believed implicitly that the Luftwaffe bombed and partially destroyed New York City, that the Poles attacked the Germans, and that Britain and America wanted this war in order to destroy Germany.

And if you are still puzzled how such things could be in this modern age, do not forget that it was Berlin and the Nazis who staged a great book burning in which the symbolic knowledge of centuries was consigned to the flames.

In spite of such indecent repressions, a small percentage of Germans have risked death by listening to foreign short wave broadcasts beamed at them from England and the United States and some of this information has been whispered along, but without much effect on the large majority of the German people. Certainly the common German soldier is completely in the dark as to what has been happening in the world outside his borders.

Where this state of affairs concerns you is in the irritation that will naturally arise in you when in the normal contact of occupation you try to tell the Germans what the score is, and they reply with their parrot-like repetition of -" All lies. All Democratic propaganda."

Don't argue with them.

Don't try to convince them.

Don't get angry.

Give them the - "Okay-chum-you'll-find-out-soon- enough," treatment and walk away.

By NOT trying to convince them, or to shout them down, by the assumption of a quiet demeanor you can help to create a genuine longing and thirst for the truth and real news in the German people, and break down their resistance to it.

 

 

 

Headquarter MTOUSA Prisoner of War Command Italy, 18 July 1945 Allgemeiner Befehl Nummer 8.

Der folgende Befehl ist ins Deutsche zu uebersetzen, nach Empfang beim ersten Antreten der Kompanie zu verlesen und am Schwarzen Brett fuer eine Woche lang auszuhaengen.

Grusspflicht fuer Feindsoldaten, die sich ergeben haben:

  1. Mit sofortiger Wirkung wird die Gepflogenheit amerikanischer Offiziere, den Gruß von Soldaten, die sich ergeben haben, zu erwidern, abgeschafft.

  2. Die Pflicht für Soldaten, die sich ergeben haben, amerikanische Offiziere zu grüssen, bleibt bestehen. Die strenge Befolgung dieses Befehls hat sofort zu beginnen.

  3. Der militärische Gruß, wie er gewöhnlich in der amerikanischen Armee erwiesen wird, ist eine Form der Begrüßung zwischen Waffenkameraden. Dies läßt sich aber natürlich nicht auf das Verhältnis beziehen, das zwischen den amerikanischen Truppen, und den Soldaten, die sich ergeben haben, besteht.

  4. Der Gruß, den die Soldaten, die sich ergeben haben, den amerikanischen Offizieren erweisen, ist als eine unerlaessliche Anerkennung und als ein Zeichen des Respektes für die Führer der alliierten Streitkraefte anzusehen, die Deutschland so überwältigend besiegt haben. Die Verweigerung des Grusses soll sich für die Soldaten, die sich ergeben haben, als ein Zeichen ihrer eigenen Minderwertigkeit in den Augen der alliierten Soldaten gelten wegen der großen Verletzung der Kriegs- und Menschlichkeitsgesetze, deren sie sich schuldig gemacht haben.

 

 

1945-1948: Kategorie C-Plus

 

Der Weg Oct 1949, p.868: KATEGORIE C-PLUS - CARL WERNER WIEGAND

"... Geben Sie zu, daß Deutschland diesen Krieg vom Zaun gebrochen hat?" - „Wollen Sie noch immer behaupten, Sie hätten nichts von den Greueltaten in den KZ's gewußt?" - „Betrachten Sie es endlich als ein Glück, daß Deutschland den Krieg verloren hat?" ...

Solche und ähnliche Fragen wurden uns vorgelegt, als man im Januar 1946 in allen Kriegsgefangenen-Lagern Großbritanniens die „politische Gesinnungsprüfung" durchführte, mittels derer man die Gefangenen in „Weiße", „Graue" oder „Schwarze" einstufte. -

Es gab damals erregte Debatten in den Lagern: Sollte man nicht einfach das sagen, was der Feind zu hören wünschte, den zerknirschten Sünder spielen oder den „schon immer dagegen gewesenen" Antifaschisten? Um sich dadurch das Anrecht auf vorzeitige Entlassung zu erwerben, denn schließlich war unsere Kraft in der Heimat dringender vonnöten als hier hinter Stacheldraht. - Sollte man versuchen, durch ausweichende oder „lauwarme" Antworten eine absolute Interessenlosigkeit gegenüber allen Dingen der Politik zu heucheln, um sich so in der großen Masse der „politisch Gleichgültigen" zu halten? - War es nicht andererseits eine politische Pflicht, den Entstellungen entgegenzutreten, die vom Feind in seiner Propaganda herausgebracht wurden? Oder sollte nicht schließlich die einzig mögliche Reaktion die sein, dieses Unternehmen der „politischen Gesinnungsprüfung" einfach zu sabotieren, sich auf die Genfer Konvention zu berufen, welche sagt, daß ein Kriegsgefangener außer Namen, Dienstgrad, Heimatanschrift und Geburtsdatum keine weiteren Angaben zu machen braucht? Welche außerdem festlegt, daß dem Kriegsgefangenen ob seiner politischen Einstellung keinerlei Nachteile in der Behandlung erwachsen dürfen. Schließlich waren wir keine politischen Häftlinge, sondern Kriegsgefangene und hatten - zumindest theoretisch - eine gewisse völkerrechtliche Rückendeckung in den Abmachungen der Genfer Konvention.

Die Kriegsgefangenen, die infolge der Stacheldrahtpsychose, der Unterernährung, des Fehlens jeglicher Nachrichten aus der Heimat und der vorgesetzten Greuellügen seit Kriegsende in einen Zustand äußerster Nervosität versetzt worden waren, erregten sich in diesen Diskussionen bis zur Siedehitze. Kameradschaften zerbrachen, Mißtrauen wucherte, Denunziantentum blühte auf, Gruppen und Grüppchen bildeten sich. Der Engländer hatte seine Absicht erreicht: divide et impera! Durch das einfache Mittel, dem einen mehr zu versprechen als dem anderen, konnte er in der Folgezeit die Gefangenen gegeneinander ausspielen, konnte alle etwaigen Gefühlsaufwallungen in's Innere ableiten, ohne daß sie ihm in einer Rebellion nach außen hätten gefährlich werden können. Das, was allein dem Engländer diese gefährliche psychologische Waffe hätte aus der Hand schlagen können: ein geschlossenes, einheitliches Auftreten gegenüber dieser anmaßenden Willkür, war zerbrochen durch die einfache Verkündung, die „Weißen" würden sofort entlassen werden, die „Grauen" im Anschluß daran und die „Schwarzen" überhaupt nicht.

Die Ergebnisse dieser politischen Verhöre wurden uns im Oktober 1946 mitgeteilt. Im P. O. W.-Camp Nr. 18; dem größten Offizierslager Großbritanniens, brachte es: 146 „A"-Leute (aktive Antifaschisten), 1378 „B"-Leute (politisch Gleichgültige) und 724 „C"-Leute (aktive „Nationalsozialisten"). Die Vernehmungen waren, wie die gesamte Personalpolitik der P. O. W.'s (Prisoners of War) von Briten semitischer Rasse durchgeführt worden.

Jedem Kriegsgefangenen wurde damals zugleich mit der Bekanntgabe seiner „Gruppe" mitgeteilt, daß er das Recht habe, gegen eine ungerechte Einstufung „Berufung" einzulegen, um ein neuerliches Verhör zu erlangen und sich somit allmählich „hocharbeiten" zu können bis zu einer „politischen Reife", die für eine Entlassung nach Deutschland erforderlich war. - Nur wenige der „B"-Leute legten Berufung ein, wohingegen die „C"-Leute fast ausnahmslos protestierten - weniger gegen das Resultat, als gegen den Prozeß der „Einstufung" an sich.

Im Januar 1947 (fast 2 Jahre nach Kriegsende!) traf eine neue Vernehmungskommission im Lager ein, um die Berufungsanträge zu prüfen. Als erster wurde damals ich zur Vernehmung befohlen, obwohl ich gegen meine Einstufung als „C" keinen Protest eingelegt hatte, da ich mir sagte: gegen eine Sache, die man nicht anerkennt, kann man auch keine Berufung einlegen. Mein Gespräch mit dem Vernehmungsoffizier war kurz. Er sagte: „Sie fühlen sich mit Ihrem ,C" gerecht eingestuft, nicht wahr?" - Ich antwortete: „Ich fühle mich überhaupt nicht angesprochen damit." - „Was wollen Sie damit sagen?" fragte mein Gegenüber. - „Daß ich Ihnen erstens das Recht aberkenne, mich überhaupt in eine politische Kategorie einzustufen und Ihnen zweitens auch die Fähigkeit abspreche, meine politische Einstellung herausfinden zu können, wenn ich sie Ihnen verbergen wollte", sagte ich. - Ein heiseres „get out", und ich durfte das Lokal verlassen.

Am folgenden Morgen wurde ich festgenommen und in den „calabozo" eingeliefert. Man sagte mir, ich sei in die Gruppe „C-plus" eingestuft worden und habe aus Sicherheitsgründen solange im „Bau" zu verbleiben, bis man mich in ein Sonderlager überführen würde, - Das geschah einige Tage später, und so kam ich ins Camp Nr. 165, das Lager der „Unbelehrbaren".

Die Kategorie „C-plus" war nach der offiziellen Definition die der „glühenden, unbelehrbaren Nazis" oder der „politisch gefährlichen Elemente". Bei rund 400,000 deutschen Kriegsgefangenen auf den britischen Inseln befanden sich in dieser Kategorie damals 242 Offiziere und 780 Unteroffiziere und Mannschaften. Aus dem Gesamtbild der Gefangenen konnte man unschwer erkennen, daß es sich bei den „politischen Einstufungen" keineswegs um eine Einstufung nach politischer „Belastung" oder „Schuld" handelte, denn kaum zehn Prozent der „C-plusser" hatten der NSDAP angehört. Es war also eine reine Gesinnungseinstufung, eine Maßnahme, die sich schwer mit der in der Atlantikcharta verkündeten und von den demokratischen Staatsmännern immer wieder zitierten „Freiheit der Gedanken" in Einklang bringen ließ.

Das Camp Nr. 165, als Verbannungslager und Abschreckungsmittel vom Engländer in den anderen P. O. W. - Lagern als „Scottish Belsen" propagiert, lag in der Provinz Caithness, dem äußersten Nordostzipfel Schottlands, wenige Meilen von Scapa Flow entfernt. Aufgrund seiner Abgeschiedenheit und besonderen Lage hinter einem 200 Kilometer breiten Sumpfgürtel war es gegen Ausbruchsversuche fast völlig gesichert. Das Bewachungssystem und die Verdrahtung waren sehr sorgfältig angelegt. Die Behandlung war streng, aber korrekt.

So deprimierend die äußeren Umstände und die absolute Hoffnungslosigkeit einer Heimkehr in absehbarer Zeit auch waren, so war doch das Erlebnis der in diesem Lager herrschenden Kameradschaft, des einwandfrei sauberen inneren und äußeren Geistes, ein einzigartiges. Zwischen Offizieren und Soldaten, die vom Engländer streng getrennt in verschiedenen Teillagern untergebracht waren und sonst mit gutem Erfolg stets gegeneinander ausgespielt worden waren, herrschte in diesem Lager ein Gefühl herzlicher Kameradschaft und gegenseitiger Achtung, bei gleichzeitiger Wahrung absoluter militärischer Zucht. Fast allnächtlich kamen Männer mit selbstgebastelten Drahtscheren unter Lebensgefahr durch den Draht gekrochen, um sich bei ihren früheren Chefs oder Kommandeuren zu melden. Umgekehrt schlichen sich Offiziere nach drüben durch, um ihre alten Kampfgefährten zu begrüßen. - Die Wachposten schossen rücksichtslos dazwischen, sobald sie etwas bemerkten - allerdings schossen sie schlecht.

Die Übermittlung von Geld, Nachrichten, Zigaretten oder Brot wurde zwischen den Teillagern im übrigen auch mittels Katzen durchgeführt, die für diese Aufgabe von den Gefangenen abgerichtet waren. Durch diese und andere Methoden war es möglich, stets eine einheitliche Reaktion der verschiedenen Teillager auf gewisse britische Maßnahmen und Befehle vereinbaren zu können. Und die Einheitlichkeit des Handelns war Vorbedingung, um der britischen Politik des „divide et impera" entgegenzutreten und durch geschlossene Aktionen passiven Widerstandes manche Verbesserung unseres Loses zu erzwingen.

Das geistige und kulturelle Niveau im Lager war außerordentlich hoch. Neben vielen militärischen Koryphäen befanden sich viele Persönlichkeiten unter den Gefangenen, welche einst im deutschen Geistesleben eine bedeutende Rolle gespielt hatten, und die nun durch Vortragsabende beitrugen, den geistigen Horizont der Gefangenen zu erweitern, Es gab da namhafte Künstler, Philosophen, Historiker, Forscher und Techniker neben bekannten Politikern, Jugendführern und Journalisten. Es gab überhaupt die verschiedensten Elemente. Der Großteil bestand zwar aus jungen Kriegsfreiwilligen und Berufsoffizieren, doch fand man Intellektuelle und Akademiker wie Fremdenlegionäre und sogar ehemalige KZ-Häftlinge. Unter letzteren befand sich z. B. ein ehemaliger Gewerkschaftssekretär der SPD, welcher bis 1941 in einem deutschen Konzentrationslager inhaftiert gewesen war und sich dann freiwillig zur U-Boot-Waffe gemeldet hatte. Dieser Mann wurde mit „C-plus" klassifiziert, weil er bei den so häufigen „Aufklärungsvorträgen" ehemaliger KZ-Insassen jedesmal in den anschließenden Diskussionen die Unwahrheit vorgetragener Greuelerzählungen anhand eigener Erlebnisse nachwies. Daraufhin wurde er als „politisch gefährlich" klassifiziert.

Neben dem Großteil der wirklichen Idealisten im Lager, Männer, die es einfach nicht über's Herz brachten, anders zu reden als das, was sie dachten, und die aus reinem Ehr- und Anstandsgefühl heraus so wie aus dem ehrlichen Glauben an das Gute ihres Ideals das verteidigten, was sie früher mit der Waffe vertreten hatten, gab es auch eine kleine Gruppe pathologischer Fälle, die sogenannten "Watzmänner". Die "Watzmännergruppe" war etwa 10 Mann stark, bestand aus Soldaten, die früher Idealisten mit einer fanatischen Glaubenskraft gewesen sein mußten und den deutschen Zusammenbruch seelisch wohl nicht hatten ertragen können. Sie hatten so sehr an einen deutschen Sieg geglaubt, daß ihr Gemüt die Niederlage nicht akzeptieren konnte. Und das hatte sich dann auf das Geistige übertragen: sie glaubten einfach nicht, daß Deutschland den Krieg verloren hatte. Zweieinhalb Jahre nach Beendigung der Feindseligkeiten!! Die Folge war eine völlige geistige Verwirrung. Diese Männer hockten ständig zusammen und ließen keinen anderen in ihren Kreis eindringen. Sie schritten mit stolz erhobenem Kopf durch's Lager und lächelten verächtlich über uns, die wir über Probleme diskutierten, welche aus Pressemeldungen aufgegriffen waren; aus britischen Zeitungen, die „doch alle gefälscht waren, extra für uns gedruckt" ihrer Meinung nach. Sie erhielten Briefe aus der Heimat, von ihren Angehörigen, und lächelten darüber, wie „primitiv der Engländer die Handschrift ihrer Verwandten gefälscht hatte". Sie stellten die aus Draht geflochtenen Bettrahmen auf und hörten daraus „Funkmeldungen unbekannter Geheimsender" ab. Sie erzählten von einer 250000 Mann starken deutschen Armee, die im Alpengebiet des Watzmann stände (daher der Name ,,Watzmänner"), von drei deutschen Divisionen, die von Osten kommend Ostpreußen befreit hätten; von den großen Erfolgen der Heeresgruppe Model auf ihrem Vormarsch in Indien; von „Führerbefehlen", die allen jenen Anerkennung versprächen, die sich dem starken psychischen Druck seitens des Engländers zum Trotz nicht irremachen ließen im Glauben an den deutschen Endsieg; von neuen Geheimwaffen und dem Zusammengehen deutschen Truppen, mal mit den Amerikanern und dann wieder mit den Russen. - Sie lasen wohl auch mal Zeitungen, jedoch so sehr „zwischen den Zeilen", daß man mit normaler Geistesanlage nicht mehr zu folgen imstande war. Sie schnitten z. B. alle politischen Karikaturen aus der Presse aus, drehten die Zeichnungen um und entdeckten schließlich wie in einem Vexierbilde das, was sie suchten: den Kopf Hitlers, das Profil Rudolf Heß', ein Liktorenbündel oder sonsige Symbole ihrer verwirrten Vorstellungswelt. Sie deuteten sie als Geheimzeichen einer internationalen faschistischen Geheimgruppe und lasen die unglaublichsten Hinweise aus diesen Zeichen. -

Gottlob waren diese Menschen jedoch nur eine kleine Minderheit von 10 Soldaten; die große Menge machte einen erfreulich gesunden und aufgeweckten Eindruck. Sie lasen, hörten Vorträge an, bildeten sich in jeder nur denkbaren Weise; sie trieben Sport, soweit die oft wechselnde Verpflegungssituation das zuließ, und hielten sich in jeder Weise an ein englisches Wort, das so gut in diese besondere Lage paßte: „make the best of it!"

Der Lagerkommandant, ein schottischer Oberstleutnant, war ausgesprochen korrekt. In keinem der neun verschiedenen Lager, die ich in Großbritannien aus eigener Anschauung kennenlernte, hatte ich einen Kommandanten angetroffen, der mit soviel Entgegenkommen, Ritterlichkeit und Hilfsbereitschaft versucht hat, das Los der ihm anvertrauten Gefangenen zu erleichtern. Colonel Mac Murray, von den P. O. W.'s wegen seines kurzen Schottenröckchens respektloserweise mit dem Spitznamen „Geierwally" belegt, war bei der Okkupation Kretas im Jahre 41 in deutsche Gefangenschaft geraten und hatte vier Jahre in einem deutschen Lager zugebracht. Er war dadurch besonders befähigt, unsere Nöte zu verstehen. Wie er uns in einem Vortrag selbst sagte, ging sein Bestreben dahin, uns „unser Los so angenehm zu gestalten, wie er es selbst in Deutschland erfahren hatte", und „er bedauerte, daß ihm in seinem Bemühen hier leider die notwendigen Mittel und Befugnisse vielfach fehlten". Unsere politische Kategorisierung war ihm gleichgültig. Er hatte auch nichts damit zu tun, da die ganze Personalpolitik vom Londoner Intelligence Service geleitet wurde, bzw. durch die in jedem Lager vertretenen, mit außerordentlichen Vollmachten ausgestatteten sogenannten Dolmetsch- „Offiziere". Der Kommandant selbst stellte sich zu unserer politischen Verfemung folgendermaßen: „Solange Sie nicht versuchen, mich zum Nationalsozialismus zu bekehren, werde ich Ihre Einstellung tolerieren und achten. Auch ich werde nicht den Versuch unternehmen, Sie zu Demokraten umzuschulen." -

Im Oktober 1946 ereignete sich ein kleiner Zwischenfall. Es war der Tag der Nürnberger Hinrichtungen. - Als abends die Männer ihren Speisesaal betreten, ist dort von unbekannter Hand eine deutsche Reichskriegsflagge aufgehängt, über ihr schwebt ein Trauerflor. - Schweigend erweisen die Männer der Fahne den militärischen Gruß, schweigend verzehren sie die Abendmahlzeit und verlassen nach einer neuerlichen Ehrenbezeigung den Raum. - Erst zwei Stunden später bekommt der Engländer Wind von der Sache. Urplötzlich stehen fünf bewaffnete Wachsoldaten in der Speisebaracke - im selben Augenblick geht das Licht aus. Als es nach dreißig Sekunden wieder aufleuchtet, ist die Fahne verschwunden. - Dieser Vorfall erregt bei den britischen Autoritäten großes Aufsehen. London ordnet schärfste Untersuchung an. Eine Woche lang durchkämmt eine ganze britische Kompanie das Lager; jeder Strohsack wird ausgeschüttet, jeder Strumpf umgekrempelt, jede verdächtige Naht aufgetrennt. Nichts wird gefunden -, der Kommandant ist verzweifelt; er hat seinen Befehl auszuführen. Er läßt die beiden deutschen Lagerältesten zu sich kommen und erklärt ihnen: "Sie sind Soldaten, genau wie ich. Sie kennen meinen Befehl. Sie wissen auch, was es bedeutet, wenn man einen Befehl nicht ausführt. Ich bitte Sie, mir zu helfen. Ich erwarte und verlange von Ihnen nicht die Auslieferung Ihrer Fahne. Aber sicher befinden sich in Ihrer Theaterschneiderei noch irgendwelche Stoffreste, aus denen Sie ein ähnliches Tuch herstellen können, welches ich dann vernichten kann". - Der „Alte" konnte am nächsten Tage die Vollzugsmeldung nach London telegraphieren. - Vier Wochen später traf ein Brief aus Deutschland ein mit der Nachricht, die Fahne sei unbeschädigt dort eingetroffen. Sie stammte, das sei noch gesagt, von einem deutschen U-Boot.

Im März 1947 kommen die „Screener" (so ist die amtliche Bezeichnung der politischen Vernehmungskommissare) in die Höhle des Löwen. Die Verhöre dauern ein bis zwei Minuten. Man stellt völlig unverfängliche Fragen nach Alter, Dauer der Gefangenschaft, Berufsabsichten usw. Man kann eigentlich gar nicht „daneben treten". Wir haben den Eindruck, daß man britischerseits allmählich das System der politischen Klassifizierungen abbauen will, um die künstliche Schaffung eines „Märtyrertums" zu verhindern.- Wir haben uns nicht getäuscht: 75% der Gefangenen werden aufgrund der „Verhör"-Ergebnisse in die Gruppe „B" eingestuft. Der Rest von 42 Offizieren und 112 Mannschaftsdienstgraden bleibt zunächst weiterhin „kriminell", d. h. „C-plus". Aber wir haben das sichere Gefühl, daß man auch uns in absehbarer Zeit die Chance zur Heimkehr bieten wird. Insbesondere, seitdem die politische Situation der Welt immer mehr die Gefährlichkeit einer Ideologie enthüllt, die wir vier Jahre lang mit der Waffe bekämpft haben.

Doch zunächst haben wir uns getäuscht. Es bleibt alles beim alten. Ja, es wird sogar noch ein wenig wilder. Man gibt uns in jeder Weise zu erkennen, daß wir nunmehr gänzlich "hoffnungslose Fälle" sind. - In allen Lagern Großbritanniens werden nach und nach gewisse Erleichterungen eingeführt. Stacheldrähte fallen, freier Ausgang innerhalb einer Zone von 5 Meilen im Umkreis wird gewährt, und schließlich wird sogar das „Verbrüderungsverbot" mit der britischen Zivilbevölkerung aufgehoben. Bei uns oben geschieht nichts dergleichen. Im Gegenteil: neuer Draht wird gespannt, neue Scheinwerferanlagen geschaffen. Jegliche Unterhaltung mit den britischen Posten wie mit schottischen Zivilisten wird strengstens untersagt. - Die Lagergemeinschaft wächst durch den verstärkten Druck von außen nur umso fester zusammen. Das äußere Bild ist - zweieinhalb Jahre nach Kriegsschluß - das einer straff ausgerichteten militärischen Einheit. Hier lebt noch ein Stück deutsche Wehrmacht. - Jeder trägt hier mit Selbstverständlichkeit und Stolz seine alte Uniform, auch wenn sie fast zu Fetzen gerschlissen ist. Jeder trägt seine Rang- und Dienstgradabzeichen. Die Manneszucht ist wie die der besten Kampftruppe. Das geistige und kulturelle Niveau innerhalb dieser Gemeinschaft ist erstaunlich hoch. - Die Redner, welche laufend vom „Re-Education Board" in London durch die Lager gesandt werden, haben bei uns einen schweren Stand, da sie sich in manchen Diskussionen nur mühsam aus der Schlinge ziehen können. Leider passiert es immer wieder, daß diese Vortragenden (fast durchweg deutsche Emigranten) während der erhitzten Debatten unsachlich werden und sich plötzlich in beleidigende Aeußerungen verlieren. Da wir nicht bereit sind, uns widerspruchslos demütigen zu lassen, wird dem Kommandanten seitens der deutschen Lagerführung erklärt, daß von ihr keine Garantie für die Sicherheit solcher Redner mehr übernommen werden könne, die die nationale oder persönliche Ehre der Gefangenen angriffen. Man stellt daraufhin weitere „Re-Education"-Versuche ein. - Dagegen versucht man, uns anhand von Wandzeitungen, Bilderaustellungen usw. zu einem „neuen Geschichtsbild" zu verhelfen. Wir verbitten uns eine derartige Bevormundung; schließlich ist das Durchschnittsalter der Lagerinsassen 33 Jahre, und das geistige Niveau ist durchaus so, daß jeder in der Lage ist, sich selbst ein Urteil über das Geschehen bilden zu können. Statt Bilderausstellungen bitten wir um mehr Zeitungen und Bücher - was uns gewährt wird. Die Lagerbibliothek umfaßt durch den Zuwachs aus anderen, inzwischen aufgelösten Lagern, durch Spenden seitens christlicher und ziviler Wohltätigkeitsverbände über 2000 Bände. Von besten Klassikern, Geschichtswerken und allgemein-wissenschaftlichen Lehrbüchern findet man über ausgedehnte Romanliteratur zu modernem und klassischem politischem Schrifttum. Wir leben also durchaus nicht in „unfruchtbarer Negation". Wenn uns der körperliche Bewegungsraum versagt bleibt, so ist uns ein weites Feld im geistigen geblieben, Es fällt uns somit leichter, uns in unser scheinbar hoffnungsloses Schicksal zu ergeben.

Von außen werden wir kaum noch belästigt. Nur manchmal kommen Reporter und Schaulustige rauf nach Caithness, um hier den „hard core" der „letzten unbelehrbaren Nazis" zu betrachten. In den Zeitungen lesen wir von den Eindrücken: daß diese Menschen gar nicht wie „Verbrecher" wirkten, sondern wie sehr ordentliche, gesunde Menschen, die aus gläubigem Idealismus eine Idee verträten, oder aber aus gekränkter Manneswürde heraus eine persönliche Ehrauffassung verteidigten. Daß man den Eindruck hätte, diese Menschen dort wären aus verletztem Stolz in die krampfhafte Rolle der „Unbelehrbaren" gedrängt worden. Daß man Soldaten, welche behaupteten, ein Ideal zu verteidigen, für das Millionen ihrer Kameraden ihr Leben geopfert hätten, wohl nicht als „destruktive Elemente" klassifizieren könne. Und daß man Menschen, die sich gegen eine geistige Vergewaltigung ihrer Begriffswelt sträubten, schließlich nicht mit Freiheitsstrafen bekehren könne. - Ob der Fehler nicht vielleicht doch in den Methoden der „Einstufung" zu suchen sei... Wir waren der britischen wie der deutschen Presse, die sich unseres Schicksals annahm, von Herzen dankbar. Es zeigte uns, daß man allmählich begann, charakterliche Werte fragwürdigen Loyalitätsbeteuerungen gegenüberzustellen.

Die Männer im Lager hatten nie das Gefühl gehabt, auf verlorenem Posten zu stehen. Man konnte sie nicht einfach als „Verbrecher", „Nazis" oder, hoffnungslose Fanatiker" abtun; sie waren weder das eine noch das andere. Ihr Kampf ging um die Freiheit der Gedanken und die Freiheit der Rede - Begriffe, von denen man auch in der Atlantikcharta geredet hatte. Sie hatten nur ein Ziel: sich selbst treu zu bleiben, sich gesund zu halten an Leib und Seele und so mit ungebrochener Kraft dereinst am Aufbau teilzunehmen, für eine Zukunft, die sie so klar sahen, daß nichts ihnen den Glauben daran nehmen konnte. Und man kann eine Zukunft nur mit Menschen bauen, die den Glauben daran haben. - Zu dieser Einsicht mußte einmal auch der frühere Gegner kommen - sofern er wirklich. die Absicht hatte, die europäischen Völker einer gemeinsamen Zukunft entgegenzuführen ...

Die Zeit arbeitete für uns. Manch einer war „C-plus" geworden, weil er einstens die „Goebbels'sche Phrase vom Expansionsdrang der Bolschewisten" zitiert hatte - damals als sie noch „die tapferen Verbündeten aus der östlichen: Demokratie" genannt wurden; oder, weil er sich geweigert hatte, Bismarck als einen „Zerstörer Deutschlands" anzuerkennen; oder schließlich, weil er zugeschlagen hatte, als man ihn „deutsches Schwein" titulierte. - Nun, die Zeiten hatten sich geändert und würden sich auch weiterhin ändern. -

Im September 1947 wurden die vier rangältesten Offiziere des Lagers nach London zur Vernehmung geholt. Nicht in Handschellen, wie sonst. Sie wurden dort auch nicht mehr mit Fußtritten und Prügeln „behandelt", sondern menschlich, ritterlich und ganz so, wie es eigentlich nach uralten Kampftraditionen zwischen Siegern und Besiegten üblich gewesen war. Sie wurden auch nicht mehr „zum Verhör befohlen", sondern zur „Unterredung gebeten", Und was dabei erwähnt wurde, war interessant: Man habe die Vergangenheit zu vergessen und in die Zukunft zu schauen. Man habe Ressentiments einzustellen gegenüber der Forderung neuer gemeinsamer Aufgaben. Man solle versuchen, gewisse Ungerechtigkeiten in der Behandlung der Kriegsgefangenen zu vergessen und dabei nie außer Acht lassen, daß der Prozeß der „politischen Einstufung" und „die damit verbundenen Demütigungen ein Werk ausschließlich von deutschen Emigranten gewesen sei, das die Briten selbst nie gutgeheißen hätten." Man habe sich entschlossen, diesen Einstufungsprozeß nunmehr völlig aufzuheben, weil er „kompletter Nonsens" sei. Die britische Regierung stehe heute auf dem Standpunkt, daß jeder Gefangene repatriiert werden könne, selbst wenn er „glühender Nationalsozialist wie Adolf Hitler selbst sei" - vorausgesetzt es bestünde nicht der Verdacht, der entsprechende Gefangene könne zum Werkzeug einer (bestimmten) fremden Macht werden. - Und schließlich wolle man sich doch nichts vormachen: wir wüßten genauso gut wie sie, daß man sich auf einen neuen Krieg vorzubereiten habe, und das Ziel sei diesmal ein gemeinsames, denn sicherlich sei uns Deutschen doch wohl an einer Rückgewinnung der Gebiete ostwärts der Oder gelegen - Im übrigen wäre man dankbar, wenn die Herren Obristen etwas von ihren Erfahrungen im russischen Winterkrieg erzählen könnten ...

Drei Monate später, im Dezember 1947, erschien ein britischer Colonel im Lager, welcher die „C-plus" Einstufungen aufhob für alle, die nicht Offiziere oder Unteroffiziere der Waffen-SS gewesen waren.

In der ersten Hälfte des Jahres 1948 wurden die nunmehr wieder gesellschaftsfähigen „politisch gefährlichen Elemente" nach Deutschland heimgeführt. Die Angehörigen der SS wurden im Februar in das Neu-Konzentrationslager Fallingbostel überführt, aus dem dann auch sie im Laufe des Sommers nach Hause entlassen wurden.

So hatte ein Kampf seinen Abschluß gefunden, in dem es nicht um Sieg oder Niederlage ging, sondern um einen abstrakten Begriff, um ein Wort, welches gerade in heutiger Zeit so oft geschändet worden ist, das aber niemals auszulöschen ist aus den Herzen derer, die es in seiner tiefsten Heiligkeit einmal gefühlt und erlebt haben ... das Wort: Ehre!

 

Sources:


 

Camp 165 - Compound O - nicknamed by its occupants as Little Belsen

Camp commander: Lieutenant-Colonel Rupert Luxmoore Tanner Murray.
A pow described Murray: "with bare knees and seven feet tall".
He was able to speak simple German and was referred to by some pows as "Irene" (or more vulgar "Geier-Wally") because he wore a kilt.

[For a German male being exposed to the man in charge wearing a skirt, in itself, is a form of unusual punishment.
The fact that they called the alpha-male "Geier-Wally" shows that there was some pressure that they had to get rid of.]

https://secretscotland.org.uk/index.php/Secrets/Camp165Watten

https://www.historylearningsite.co.uk/world-war-two/prisoners-of-war-in-ww2/camp-165/

https://canmore.org.uk/site/202517/watten-camp-165

book: CAMP 165 WATTEN 2ED Format: Paperback - Author: CAMPBELL, VALERIE (https://www.amazon.co.uk/Camp-165-Watten-Valerie-Campbell/dp/1849950059)

 

 


 

1945 BELSEN

 

ALAN MOOREHEAD: BELSEN (1945, THE GOLDEN HORIZON)

Just before you get to the main entrance of Belsen concentration camp - or rather the place where the camp used to be before the British burned it down - you come on a farmhouse. I suggested to the others in my party that we should turn in there and eat lunch before - rather than after - we visited the camp.

While the table was being set for us in the dining-room we were interested to know from the farmer what he thought of Belsen. "I don't know very much about it," he said. "Each morning I had to drive up there with a cart full of vegetables - swedes and turnips mostly - and one of the S.S. guards took the horse and cart from me at the gate. After a bit the cart and horse were returned to me and I drove away. I was never allowed inside, and I didn't want to go in anyway. I knew something horrible was going on but I didn't ask about it lest I should find myself inside."

We finished the meal and drove up to the gate with a special pass which General Dempsey had given the correspondents: from the first Dempsey was very keen that we should see Belsen and write about it. Although the British had only captured the place from the Germans a few days before they seemed to have things well organized. Hungarian guards were still spaced along the barbed wire fence, good-looking men who jumped eagerly to attention when an army vehicle came by. At the gate British soldiers were on guard. There were notices in English: "Danger Typhus", "Car Park", "Powder Room", "Inquiries" and so on.

A young army doctor and a captain from the Pioneers were in charge. The Captain's job was supervising the counting and burial of bodies. Possibly as a form of immunization from the grisly work he appeared to be in particularly jovial spirits.

"I love doing this," he said, picking up the metal syringe filled with anti-louse powder. "Come on."

A squirt up each sleeve. One down the trousers. Two more squirts down the back and front of the shirt and a final shot on the hair. It was rather pleasant.

"We collected the local burgomeisters from the surrounding villages this morning and took them round the camp," the doctor said.

"How did they take it?"

"One of them was sick and another one wouldn't look. They all said they had never dreamed that this was going on."

We were now walking down the main driveway towards the first of the huts and administrative buildings. There were large crowds of civilian prisoners about, both those who strolled about in groups talking many different languages and those who sat silent on the ground. In addition there were many forms lying on the earth partly covered in rags, but it was not possible to say whether they were alive or dead or simply in the process of dying. It would be a day or two before the doctors got around to them for a diagnosis.

"There's quite a different air about the place in the last two days," the doctor said. "They seem much more cheerful now."

"And the burial rate has gone down considerably," the captain added. "I'm handling just under three hundred a day now. It was five hundred to start with. And we are evacuating five hundred every day to the Panzer training school. It has been made into a hospital. Would you like to see the S.S. boys?"

We saw the women guards first. A British sergeant threw open the cell door and some twenty women wearing dirty grey skirts and tunics were sitting and lying on the floor.

"Get up," the sergeant roared in English.

They got up and stood to attention in a semi-circle round the room, and we looked at them. Thin ones, fat ones, scraggy ones and muscular ones; all of them ugly, and one or two of them distinctly cretinous. I pointed out one, a big woman with bright golden hair and a bright pink complexion.

"She was Kramer's girl friend," the sergeant growled. "Nice lot, aren't they?"

There was another woman in a second room with almost delicate features, but she had the same set staring look in her eyes. The atmosphere of the reformatory school and the prison was inescapable.

Outside in the passageway there was a large blackboard ruled off in squares with white lines. Down the left-hand side of the board was a list of nationalities - "Poles, Dutch, Russians" and so on. Spaced along the top of the board was a list of religions and political faiths - "Communist, Jew, Atheist". From the board one might have seen at a glance just how many prisoners were in the camp from each nation, and how they were subdivided politically and religiously. However, most of the numbers appeared to have been rubbed off, and it was difficult to make out the totals exactly. Germans seemed to make up the majority of the prisoners. After them Russians and Poles. A great many were Jews. As far as one could decipher there had been half a dozen British here, one or two Americans. There had been something like fifty thousand prisoners altogether.

As we approached the cells of the S.S. guards the sergeant's language became ferocious.

"We have had an interrogation this morning," the captain said. "I'm afraid they are not a pretty sight."

"Who does the interrogation?"

"A Frenchman. I believe he was sent up here specially from the French underground to do the job."

The sergeant unbolted the first door and flung it back with a crack like thunder. He strode into the cell, jabbing a metal spike in front of him.

"Get up," he shouted. "Get up. Get up, you dirty bastards." There were half a dozen men lying or half lying on the floor. One or two were able to pull themselves erect at once. The man nearest me, his shirt and face spattered with blood, made two attempts before he got on to his knees and then gradually on to his feet. He stood with his arms half stretched out in front of him, trembling violently.

"Get up," shouted the sergeant. They were all on their feet now, but supporting themselves against the wall.

"Get away from that wall."

They pushed themselves out into space and stood there swayin?. Unlike the women they looked not at us, but vacantly in front, staring at nothing.

Same thing in the next cell and the next where the men who were bleeding and were dirty were moaning something in German.

"You had better see the doctor," the Captain said. "He's a nice specimen. He invented some of the tortures here. He had one trick of injecting creosote and petrol into the prisoner's veins. He used to go around the huts and say "Too many people in here. Far too many." Then he used to loose off the barrel of his revolver round the hut. The doctor has just finished his interrogation."

The doctor had a cell to himself.

"Come on. Get up," the sergeant shouted. The man was lying in his blood on the floor, a massive figure with a heavy head and bedraggled beard. He placed his two arms on to the seat of a wooden chair, gave himself a heave and got half upright. One more heave and he was on his feet. He flung wide his arms towards us.

"Why don't you kill me?" he whispered. "Why don't you kill me? I can't stand any more."

The same phrases dribbled out of his lips over and over again.

"He's been saying that all morning, the dirty bastard," the sergeant said. We went out into the sunshine. A number of other British soldiers were standing about, all with the same hard, expressions on their faces, just ordinary English soldiers, but changed by this expression of genuine and permanent anger.

The crowds of men and women thickened as we went further into the camp. The litter of paper and rags and human offal grew thicker, the smell less and less bearable. At the entrance soldiers were unloading trucks filled with wooden latrines but these had not yet been placed about the camp, so many hundreds of half-naked men and women were squatting together in the open, a scene such as you sometimes see in India - except that here it was not always possible to distinguish men from women and indeed to determine whether or not they were human at all.

 

 


 

The Land of the Fragebogen

 

John Dos Passos: Tour of Duty (1946)

Driving back to town in the tail end of a raw afternoon had been like driving through one of Dante's icy hells. In the freezing fog, along the road, we had passed crowds of men and women bowed under knapsacks and bundles of sticks, pulling baby carriages and carts full of wood, pushing heavily loaded bicycles. We went along honking and blinking the lights of the jeep to try to get them to move out of the way. 'Damn krauts,' the driver kept muttering. 'They git themselves run over just on purpose ... I'd just as soon run 'em down as not.'

We passed some trucks crowded tight with grayfaced young men in gray. 'At least the military prisoners get to ride,' said the lieutenant. 'The lesson of this war to me is, don't ever be a civilian.'

At last we made it through the crowded foggy unlit streets back to the correspondents' hotel and dragged our stiff limbs out of the open jeep. The bar wasn't functioning yet, so the lieutenant and I went up to the bedroom to thaw ourselves out over the radiator. We stood at the window a moment pulling the drenched gloves off our icy fingers and looking down the shaft of light from the window through a gap in the wall of the hotel next door into an emptiness of dangling plumbing where a piece of a stairway with red flowered carpeting on it stopped abruptly at nothing. Turning back into the warm, well-lighted, perfectly standardized hotel bedroom, we found that we had both felt the same momentary sense of surprise that it was us in here with the warm conquerors instead of out there with the dead jerries.

The lieutenant worked in Intelligence. He was a young man from Brooklyn with a thoughtful ruddy face and full lips.

Suddenly he sat down on the edge of the bed and started to talk. "My people are Jewish," he began, "so don't think I'm not bitter against the krauts. I'm for shooting the war criminals wherever we can prove they are guilty and getting it over with. But for God's sake, tell me what we are trying to do."

He got up and began to walk back and forth. "Well, they tell you it's like the fire department ... the fire department has to do a certain amount of damage, even blow up buildings, to put the fire out. Sure, but you don't see the fire department starting new fires all over town just because one block is burning. Or do you? Hatred is like a fire. You've got to put it out.

I've been interrogating German officers for the War Crimes Commission, and when I find them half-starved to death right in our own P.W. cages and being treated like you wouldn't treat a dog, I ask myself some questions. Sometimes I have to get them fed up and hospitalized before I can get a coherent story out of them. Brutality is more contagious than typhus and a hell of a lot more difficult to stamp out. ...

Right here at USFET in Frankfurt we countenance things that would have given us cold chills back home. ...

I'm not blaming the Regular Army men for all of it, either. Regular Army men are a hell of a fine bunch of men and I've come to admire them very much, but the trouble is they have no training in political things. They are trained to follow directives from Washington. They do, and slavishly. ...

I do blame them for not having the courage to follow their own decent instincts. That's how General Patton got into trouble. ...

Patton is one of those men who never opens his mouth without putting his foot in it, and God knows he's a tough baby, but his instincts were all right. Throwing him overboard was cowardice. All these directives about don't coddle the German have thrown open the gates for every criminal tendency we've got in us.

Just because the Germans did these things is no reason for us to do them. Well, I know war isn't a pretty business, but this isn't war. This is peace. ...

Hell, let's go down and get a drink before I blow my top and start talking."

 

 

 


 

Two Wrongs Don't ...

 

John Dos Passos: Tour of Duty (1946)

'Don't think I'm sticking up for the Germans,' the lanky young captain in the upper berth says for the third time. 'But ...'

'To hell with the Germans,' interrupts the broadshouldered dark lieutenant who is balancing himself in the doorway. 'It's what our boys have been doing that worries me.'

The lieutenant who's speaking comes from the packinghouse district of Chicago's South Side. He served nineteen years as a Regular Army sergeant. His old man runs a tavern. He's led a rough-and-tumble life. He's made five landings on European beaches, and won his commission in the field. He hasn't seen his wife and children in three years. He has a slow seasoned well-pondered way of saying things. He has been talking about the melting morale of the Army, the sale of Army property, gasoline leaking away into the black market even while the fighting was going on, the way we kick around the civilians, the looting ... 'If I didn't want to stay on in the Army, I could tell some tales. By God, I could write a book.'

'Lust, liquor, and loot are the soldier's pay,' interrupts a redfaced major in a challenging tone.

'I can't help it,' drawls the lieutenant, 'two wrongs don't ...'

'Aw, you said that before,' interrupts the captain and lets himself sink back into his pillow again. 'At every goddam bullsession on this ship, I hear the same thing.'

'Well, it's true. It's time we got wise to ourselves. We're making a mess of this business. It's all right to arrest the Nazis we've got something criminal on, but why can't we try to help out the decent people more? We ought to be helping all Europe - I don't mean just Germany - get on its feet. The time may come when we'll need some friends in this world.'

'I'd like to see us show the cockeyed world,' he says with a blue glare of enthusiasm in his eyes. 'If we do the right thing it will be more profitable in the long run, too. Look here ...

The only way the United States can remain prosperous and keep up a high standard of living is by full employment and full production. Isn't that true? Well, the only way we can do that after we've saturated the domestic market is to play for foreign markets. To keep going we've got to have a high standard of life in the rest of the world. We have got to have democracy and high wages in the rest of the world. Instead of giving in to the Russians at every step, we ought to compete with the Russians. I don't mean fight 'em, I mean do our kind of social engineering. We've got more to give the world than they have.'

'If we go easy on the krauts, it'll be just like last time,' growled the captain from his bunk. 'They'll get on their feet again and start another war.'

'If people are prosperous and happy, they won't want to fight a war. Wars and dictatorships come out of depressions, don't they?'

Everybody is quiet. Nobody seems to want to answer that one.

'I don't know about that, but one thing I do know,' says the lieutenant from Chicago slowly. 'We got to get wise to ourselves. What we are doing since the fighting stopped in Europe is wrong. Two wrongs don't make a right.'

 

 

 


March 1946 Hoess Capture

 

Hoess capture (1983, LEGIONS OF DEATH, RUPERT BUTLER)

There was a burning thirst for revenge on those who had executed Hitler's notorious eastern policy. But it could not be slaked immediately. In the case of Rudolf Hoess, Commandant of Auschwitz, it was to take over a year from the war's end.

There had been many fugitive Nazis who had burnt their uniforms, dug up the family jewels and sped to cattle ranches in Argentina. For those who stayed in Germany there was a general exodus north; Schleswig-Holstein, an agricultural area which was to remain fanatically pro-Nazi for years, was a favourite spot. Here, it was reasoned, a man might be protected until the worst of the hunt was over. There could then be a bid for a fresh set of papers, a new identity and skilful dodging of the various denazification courts.

It was the latter course which appealed to that intensely sentimental family man, Obersturmbannfuehrer Rudolf Franz Ferdinand Hoess, Kommandant of Auschwitz from May 1940 until December 1943, when he had been promoted by Himmler to a desk job at the SS Central Economic and Administrative Office. Before that, he had returned briefly to Auschwitz as commander of the SS garrison there.

Hoess had fist been arrested in May 1945, along with hundreds of thousands of other Germans. But he had not been recognised and was soon released to go and work on a farm. Not that he was in any way forgotten. Britain's Field Security section of Counter Intelligence stepped up the search. Soon its personnel were showing close interest in one particular apartment block in the Schleswig-Holstein town of Heide.

Bernard Clarke, a British Jew and a sergeant in 92 Field Security Section who had already been involved in a fruitless search for the elusive former Nazi Party Secretary Martin Bormann and is today a successful businessman working in the south of England, explains:

"We knew that Frau Hannah Hoess, her son and daughter had an upstairs apartment in this block, furthermore that Hoess was in the habit of sneaking in once a month to see them. A round-the-clock watch, however, produced not so much as a shadow of him.

"Nonetheless, Hoess had somehow got in and somehow seen his family. The news came from the army of informers at our disposal - wretched Germans who were keen to keep on the right side of the occupation authorities and were quite prepared to betray neighbours and friends for a few tins of bully-beef and a packet of cigarettes.

"The time to act had obviously arrived . . .

At 5 pm on 11 March 1946, Frau Hoess opened her front door to six intelligence specialists in British uniform, most of them tall and menacing and all of them practised in the more sophisticated techniques of sustained and merciless, investigation.

No physical violence was used on the family; it was scarcely necessary. Wife and children were separated and guarded. Clarke's tone was deliberately low-key and conversational.

He began mildly: "I understand your husband came to see you as recently as last night."

Frau Hoess merely replied: "'I haven't seen him since he absconded months ago."

Clarke tried once more, saying gently but with a tone of reproach: "You know that isn't true." Then all at once his manner had changed and he was shouting: "If you don't tell us we'll turn you over to the Russians and they'll put you before a firing-squad. Your son will go to Siberia."

It proved more than enough. Eventually, a broken Frau Hoess betrayed the whereabouts of the former Auschwitz Kommandant, the man who now called himself Franz Lang. Suitable intimidation of the son and daughter produced precisely identical information.

A heavy snowstorm carpeted the roads out of Heide as around midnight the convoy of some thirty men, comprising officers of the military government, reinforced with medical personnel and troops, began the journey to the lonely farmhouse standing in its own grounds at Gottrupel.

The convoy slowed to a halt; then came the order to douse lights and extinguish cigarettes.

Clarke and a Captain Cross edged forward, the sergeant cocking his service revolver as the silence was fractured by repeated knockings on the front door.

The elderly black-clad woman who eventually answered was soon denying that anyone else was in the house. The troops moved in, firmly placing her under arrest. The search began.

Examination of every room, cupboard and alcove produced nothing. It was now around 2 am; Cross was getting impatient.

He sighed: "Maybe this is another of your Bormann escapades. There's certainly no one here and I'm getting tired."

Clarke insisted: "We haven't tried the stable block."

It included the slaughter room for cattle with its enormous benches. The troops fanned out and began a methodical search, which ended in one of the numerous alcoves.

Clarke recalls vividly: "He was lying on top of a three-tier bunker wearing a new pair of silk pyjamas. We discovered later that he had lost the cyanide pill most of them carried. Not that he would have had much chance to use it because we had rammed a torch into his mouth.

Hoess screamed in terror at the mere sight of British uniforms.

Clarke yelled: "What is your name?"

With each answer of "Franz Lang", Clarke's hand crashed into the face of his prisoner. The fourth time that happened, Hoess broke and admitted who he was.

The admission suddenly unleashed the loathing of the Jewish sergeants in the arresting party whose parents had died in Auschwitz following an order signed by Hoess.

The prisoner was torn from the top bunk, the pyjamas ripped from his body. He was then dragged naked to one of the slaughter tables, where it seemed to Clarke the blows and screams were endless.

Eventually, the Medical Officer urged the Captain: "Call them off, unless you want to take back a corpse."

A blanket was thrown over Hoess and he was dragged to Clarke's car, where the sergeant poured a substantial slug of whisky down his throat. Then Hoess tried to sleep.

Clarke thrust his service stick under the man's eyelids and ordered in German: "Keep your pig eyes open, you swine."

For the first time Hoess trotted out his oft-repeated justification: "I took my orders from Himmler. I am a soldier in the same way as you are a soldier and we had to obey orders."

The party arrived back at Heide around three in the morning. The snow was swirling still, but the blanket was torn from Hoess and he was made to walk completely nude through the prison yard to his cell.

It took three days to get a coherent statement out of him. But once he started talking, there was no holding him.

The man who suffered most during the interrogation, however, was not the prisoner but Bernard Clarke.

He recalls:

"Prior to the capture, my hair was jet black. After the three days, a white streak suddenly appeared in the centre, which stayed there until the rest of my hair went white as well.

"It was not due to the strain of events. I could cope with that. But Hoess had repeated with pride the instructions that he had given to prisoners to dig pits in which they were subsequently shot. He revealed how the bodies were ignited and how oozing fat from them was poured over others.

"He admitted without a trace of remorse that he had been responsible for around two million deaths and that killings had frequently been carried out at the rate of 10,000 a day.

"And yet this was the man whose letters to his wife and children I had the job of censoring. Sometimes a lump came to my throat. There were two different men in that one man. One was brutal with no regard for human life. The other was soft and affectionate.

Never once did Hoess attempt to evade responsibility or deny what he had done.

He was left seemingly unmoved by the death sentence following his trial before a special Polish people's court. He reasoned that Allies had their orders and that there could be absolutely no question of these not being carried out. Rudolf Hoess was hanged on 7 April 1947 next to the house inside the Auschwitz camp where he had lived with his wife and children.

 

 


1945 or 1946:

Grandma with her three little ones were brutally forced out of their brand new house in Sudetenland/Czechoslovakia,
and were forced to move to West Germany. When I asked her, she did NOT want to talk about that ordeal at all.
On her trip from Czechoslovakia to Germany, grandma was stripped multiple times of any valuables
and could be thankful that she made it with her three children without getting hurt.

For more gruesome details see the following article "Tod allen Deutschen".

Grandma was assigned one single room by the authorities.
[Since there was famine in Germany until about 1948, the bombed-out buildings only provided space for part of the surviving population,
and since the western part of Germany was overcrowded to start with, and now had to find room for another 10 million Germans from the east,
grandma was NOT greeted with enthusiasm - but with resentment by her future German neighbors.
The house she was living now was on the outskirts of the town, and that street was avoided by the natives.]

After he was released from the POW camp at age 17 1/2, my father was unable to continue his education. A college degree was out of the question.
My father joined grandma and his three siblings in 1946 in their single room and started working as a bricklayer - the only person to support the family!

Two years later grandpa was released from Scotland, but NOT allowed to work.
From 1948 on, ultimately the whole family, that is, two parents and four kids, lived in this one room.

 


1945: Tod allen Deutschen

Aus dem „Münchener Merkur" vom 22. 10. 48: Auszug aus 700 Aussagen vertriebener Sudetendeutscher, die in bayerischen Flüchtlingslagern aufgenommen wurden

 

Es war im Mai 1945. Der Krieg war aus. Russen und Amerikaner, die die Tschechoslowakei befreit hatten, verließen des Land. Tschechisches Militär übernahm das Kommando. Das Sudetengebiet, in dem dreieinhalb Millionen Deutsche wohnten, blieb weiterhin unter Kriegsrecht. Die Zivilverwaltungen übernahmen tschechische Nationalausschüsse. In den kleineren Orten herrschten die Kommissare. Präsident Benesch proklamierte: „Die Deutschen urd Magyaren sind staatlich unzuverlässig. Verwaltung und Vermögen ist ihnen zu entziehen." Ein weiteres Dekret verfügte die Beschlagnahme und Verteiung des landwirtschaftlichen Vermögens aller Deutschen. Neben diese gesetzlichen Maßnahmen trat eine Reihe polizeilicher: Kennzeichnung durch Armbinden, Beschränkung der Bewegungsfreiheit auf bestimmte Stunden am Tage, Erlaubniszeiten zum Einkaufen Verbot für öffentliche Lokale, Verbot des Bierausschanks an Deutsche, Verbot des Haarschneidens und Rasierens durch Friseure, Verbot für öffentliche Verkehrsmittel und Gottesdienste, für Predigten, öffentliche Begräbnisse und für Einzelgräber, Verweigerung ärztlicher Hilfe und Aufnahme in Krankenhäuser. Verbot des Gehens auf Bürgersteigen, Verbot der deutschen Sprache.

Dreieinbalb Millionen Menschen standen von nun an außerhalb jeglicher Bürger- und Menschenrechte. Ein Volk war vogelfrei geworden. Präsident Benesch hielt eine Rede, in der er erklärte: „Nehmt den Deutschen alles bis auf ein Taschentuch, in des sie weinen können." „Tod allen Deutschen!" hief die Parole, die seit Wochen über den Sender Prag gerufen wurde.

In das Sudetengebiet ergoß sich ein Strom von „Schatzsuchern" aus dem Innern des Landes. In jeder Stadt wurde ein Konzentrationslager errichtet. In großen Städten mehrere. Tausende Lager öffneten ihre Pforten. Die Prügelstrafe wurde offiziell eingeführt. „Hier bring ich euch die deutschen Säue", sagte der Prager Professor Zelenka und übergab zwanzig Frauen, darunter 60-70 jährige, einer haßberauschten Menge. Helene Burger vernahm unter den klatschenden Schlägen der Latten und Gummiknüppel den Befehl: "Kniet nieder, ihr deutschen Huren!" Die zwanzig Frauen fielen auf die Knie, und Bajonette schnitten ihnen die Haare ab. Dann wurde Helene Burger ohnmächtig. Eiskaltes Wasser brachte sie wieder zum Bewußtsin. Um sie herum lagen einige ihrer Leidensgefährtinnen mit erstarrten Gliedern. Totgeprügelt. Weiter ging es durch das blutdürstige Prag. Ein Fußtritt brach Helene Burger zwei Rippen. Wieder verlor sie die Besinnung. Als sie wieder erwachte, blutete ihr Fuß. Man hatte ihr ein vier Zentimeter großes Stück Fleisch herausgeschnitten. Als sie em Abend nach Hause zurückkehrte, kannten ihre Kinder sie nicht mehr. Das Gesicht war mit Blutkrusten bedeckt, die Kleider hingen in blutigen Fetzen an ihrem zerschlagenen Körper herunter. Zwei ihrer Nachbarinnen hatten inzwischen Selbstmord verübt. Eine andere war irrsinnig geworden.

Nach drei Wochen kam Helene Purger in das Lager Habigot. Dort waren 1200 Menschen in vier Baracken untergebracht. Eine tschechische Rot-Kreuz-Schwester sortierte die hübschen und jungen Frauen. Nachts führte sie dann zurück gebliebene russische Soldaten in die Baracken. Manche Frauen wurden bis zu fünfundvierzigmal in einer Nacht vergewaltigt. Hilferufe und Verzweiflungsschreie drangen durch die dünnen Wände. Niemand hörte sie. Am andern Morgen lagen die Frauen apathisch auf dem dreckigen Fußboden, mit abgebissenen Nesen und zerkratzten Gesichtern. Äerztliche Hilfe gab es nicht.

So vegetierte Helene Burger mit 1200 anderen Deutschen dreieinhalb Monate in Habigot. Von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang schwer arbeitend, ständig mißhandelt und beschimpft, ohne nennenswerte Verpflegung, die Kinder ohne Aufsicht und Pflege, die Erwachsenen verlaust und verkrustet in der Nacht den Soldaten ausgeliefert. Die Säuglinge starben. Fast alle Kinder bekamen Rachitis. Nässende Ausschläge, Tuberkulose, Flecktyphus, Blattern, Scharlach, Diphtherie und andere Krankheiten hielten reiche Ernte.

Inzwischen wurde die Fackel des Hasses weiter durch Prag getragen. Alfred Gebauer, noch nicht als Deutscher entdeckt, stand auf dem Hof der Scharnhorstschule, wo weibliche SS-Angestellte ohne Kleider, die ihnen vom Leibe gerissen worden waren, sich in einem Wassertümpel wälzen mußten. Füße und Gewehrkolben traten und schlugen sie bewußtlos. Wenig später beobachtete Gebauer, wie am Stadion auf 5000 SS-Soldaten mit Maschinenpistolen eine Hasenjagd veranstaltet wurde. Einige mußten in die Latrine springen, wo sie dann erschossen wurden.

Zu gleicher Zeit wurde der Ingenieur Franz Resch dem Beerdigungskommando in Prag-Bokowitz zugeteilt. „Ich sah dort, wie Tausende deutscher Soldaten und Zivilisten, Männer und Frauen, darunter Jungen von zehn Jahren, auf die grausamste Weise ermordet wurden. Die meisten wurden erst angeschossen, um sie zu quälen. Ihre zerschlagenen Körper wurden häufig mit Salzsäure eingerieben. Anderen wurden die Ringe von den Fingern gerissen. Erst dann wurden sie erschlagen.

Im Straflager Kladno sah ich später, wie Häftlingen heißer Teer auf die nackten Rücken gestrichen wurde. Anschließend wurden sie verprügelt. Mir selbst wurde bei den täglichen Prügeln die rechte Niere losgeschlagen."

Am 10. Mai wurden in demselben Kladno schwerverwundete deutsche Soldaten verladen. Ein Tscheche verlas einen Aufruf, in dem alle Deutschen als Verbrecher bezeichnet wurden. Erika Griß man, die in seiner Nähe stand, hörte, wie er mit wutverzerrtem Gesicht schrie: „Wenn ihr die Kasernen verlaßt, werdet ihr alles büßen." Und dann verließen sie die Kaserne, vor deren Tor eine johlende Menschenmenge wogte. Handgranaten flogen zwischen die Verwundeten. Nach dem Blutbad ging ein tschechischer Priester durch die Reihen und bot die letzte Ölung an. Die Sterbenden winkten mit einer schwachen Handbewegung ab.

Drei Tage später verübten in dem Städtchen Iglau ungefähr 1200 Deutsche Selbstmord. Der größte Teil der übrigen Bevölkerung kam zunächst in das Lager Helmenthal. Der Rest wälzte sich in einem Todesmarsch über die Landstraße nach Tangen, Peitschenhiebe trieben die Alten und Kranken von Kilometerstein zu Kilometerstein. 350 Iglauer erreichten das Ziel nicht mehr.

Der Fabrikant Krebs war in Iglau zurückgeblieben. Er wurde im Gerichtsgebäude skalpiert. Am 10, Juli krachten im naheliegenden Ranzenwald 19 Schüsse 19 Iglauer lagen mit dem Gesicht zur Erde. Darunter der alte Stadtpfarrer Hosik. „Ich kann diese Aussagen beeiden", steht unter diesem Protokoll, das am 2. September 1946 in Augsburg von Franz Kaupil unterzeichnet wurde.

Dreizehn Tage später, am 26. Mai, lag im Gerichtsgebäude von Nikolsburg der Deutsche M. Krebs über einem Stuhl. Fünfzigmal klatschte ein Gummischlauch auf seinen Körper, um ein Geständnis zu erpressen.. Er hatte nichts zu gestehen, als daß er von einer deutschen Mutter geboren war. Nach dieser Tortur mußte er sich entkleiden und wurde in den Hof geschickt, wo 12 bis 15 Tschechen mit Gummiknüppeln, Schläuchen, Stecken und Kabeln bewaffnet. eine Gasse gebildet hatten. Spießrutenlaufen. Die Männer schlugen auf den Magen und die Geschlechtsteile. Krebs brach zusammen. Als die Dämmerung hereinbrach, wurden drei weitere Tschechen auf ihn aufmerksam. Sie schlugen weiter. Wieder Ohnmacht. Eiskaltes Wasser. Wieder Schläge, Schläge ... Die Wunden eiterten vier Monate.

Am 4. Juli 1945 schaufelten Johann Partsch und weitere 24 Häftlinge im Lager Freudenthal unter ständigen Prügeln eine Grube. Dann bildeten sie einen Kreis. Aus einer Baracke wurden 20 halbentkleidete Männer geführt, 10 von ihnen mußten sich vor das Loch knien. 10 Tschechen zogen an dem Abzug ihrer Maschinenpistolen. Die toten Körper fielen in die Grube. Darunter befand sich der des Radiofachmannes Fochler, der als Antifaschist der deutschen Revolutionsgarde angehört hatte. Nach drei Minuten erhob sich aus dem Erdloch ein blutender Körper. Es war Gustav Riedl, im Zivilberuf Totengräber. „Bitte, noch einen Schuß!" flehte er. Wieder klickte der Hahn einer Maschinenpistole. Nach wenigen Minuten erhob sich Riedl abermals. Dritter Schuß. Zitternd umstanden die Männer das Massengrab. Dann wurden sie abgeführt, Noch waren sie nicht an der Reihe. Zwei blieben zurück, um die Grube zu schließen. Schaudernd sahen sie. daß Riedls und einige andere Körper noch zuckten. Die tschechischen Aufseher machten mit ihren Gewehrkolben dem grausigen Spiel ein Ende.

Von Anfang Juni bis zum 16. August war Alfred Kritschker in einem der berüchtigsten Kz's in Hankelager in Mährisch-Ostrau. Dort erhielt er, wie jeder andere, täglich 120 Hiebe. Sechs Leute wurden vor seinen Augen totgeprügelt. Alle Lagerinsassen liefen völlig nackt umher, da ihnen sämtliche Kleidungsstücke bei der Einlieferung abgenommen worden waren.

Im gleichen Lager erzählte eines Abends der Bauer Kritschke aus Klantendorf bei Fullneck seinem Freund Ernst Schorz das Ende seiner Frau, das er mitangesehen hatte. Seine Stimme zitterte, und über das schmutzige, unrasierte Gesicht liefen Tränen, als er, immer leiser werdend, zum Schluß kam: "Sie war im achten Monat schwanger und mußte sich nackt an die Wand stellen. Dann schlug man sie mit Knüppeln solange auf den Leib, bis die Frucht abging und sie nicht mehr atmete. Aber noch hatten sie nicht genug. Sie banden meiner Frau Füße und Hände zusammen und zogen sie an der Wand hoch. Dann trennten sie ihr mit dem Messer beide Brüste ab."

Im September fuhr Resi Passl mit dem Fahrrad von Komotau nach Holtschitz. Ungefähr zwei Kilometer vor Holtschitz trat ein tschechischer Polizist aus dem Straßengraben und zwang sie zum Absteigen. „Papiere!" brüllte er sie an. „Sie sind nicht in Ordnung, kommen Sie mit!" Er trieb sie auf einen Feldweg vor sich her. Plötzlich erhielt sie mehrere Stöße mit der Faust in den Rücken. Sie brach zusammen. Während sie auf den Knien lag, schlug der Gendarm ihr wahllos mit den Fäusten ins Gesicht. Dann warf er sie nieder, biß sie und schrie völlig von Sinnen: „Du deutsche Bestie!" Währenddessen vergewaltigte er sie. Dann befahl er ihr aufzustehen und trieb sie mit Schlägen davon. Er fuhr mit ihrem Fahrrad in die entgegengesetzte Richtung.

Währenddessen lag der katholische Pfarrer F. K. Halm mit 48 amputierten Invaliden auf einer Stube im Konzentrationslager Neu-Rolau und wurde Zeuge, wie der Student Günther aus Gottesgab mit Gummiknüppeln so lange auf seine beiden Beinstümpfe geschlagen wurde, bis das Blut herausspritzte.

Dezember. Die Straße nach Prag, auf der Margarete Singbartl mit ihrem dreijährigen, fiebernden Kind ging, war vereist. Das Kind hatte Diphtherie. Zu Tode erschöpft erreichte sie Prag. Sie klopfte an das Krankenhaus Bulowks. „Helfen Sie meinem Kind, es stirbt!" bat sie. Man zuckte die Achseln: „Für Deutsche ist ärztiiche Hilfe verboten." Zweieinhalb Stunden stand sie in der Kälte und flehte vergebens jeden vorübergehenden Arzt, Krankenschwester und jede Schwester des Krankenhauses an. Dann war das fiebernde Kind in ihren Armen tot. Der tote Körper blieb im Krankenhaus.

 

 

 

 

Aus dem „Mitteilungsblatt der Sudetendeutschen Volksgruppe" vom 1. Juli 1949:

 

„Als der Zusammenbruch der deutschen Wehrmacht in Böhmen sichtbar wurde, kamen in unser Gebiet tschechische Kommissare, nach Skt. Joachimstal ein gewisser Kroupa, der dort ein Regiment aufrichtete, das jeder Beschreibung spottet. Er ließ wahllos Verhaftungen vornehmen, pferchte unschuldige Menschen in Kellerräume zusammen - ob Männer oder Frauen - und ließ sie erbärmlich schlagen und martern. Mit Stahlruten, Gummischläuchen mit Stahleinlagen, Knüppeln, ob aus Holz oder Metall, ließ er die armen Menschen bearbeiten. Besonders hatte er es darauf abgesehen, den Menschen Zähne herauszuschlagen. Wenn diese bei solchen Martern ohnmächtig wurden, ließ er sie mit kaltem Wasser übergießen, und wenn sie wieder zu sich kamen, weiter bearbeiten. Auf diese Weise wurden folgende Joachimstaler buchstäblich totgeprügelt: Nikolaus Leitenberger, Direktor des städt. Elektrizitätswerkes; Johannes Müller, Uhrmacher; Otto Zechel, Tischlermeister; Josef Kraus, Oberförster; Walter Bartsch, Finanzbeamter; Wilhelm Kuhn, Hotelier, und noch andere. Diese armen Leute waren anständige, seelengute Menschen, haben nie jemandem etwas zuleide getan, und nur weil sie Deutsche waren, mußten sie sterben. Herr Wilhelm Kuhn, Vater von 7 Kindern, mußte sein eigenes Grab schaufeln, bekam dann furchtbare Hiebe und einen Genickschuß. Auch die anderen oben angeführten Männer erhielten zuletzt einen Genickschuß, weil sie derart zerschlagen waren, daß ein Aufkommen nicht mehr in Frage kam. Man hat die armen Menschen mit einem Draht um den Hals nackt in einem Saal herumgeschleift, aus dessen Fußboden die Nägel hervorstanden, man hat sie in diesem Zustand über ein zerrissenes Ofenblech geschleift und sie Martern ausgesetzt, die nur hochgradige Sadisten erdenken können.

Und der Mann, dieser Sadist Kroupa, ein Nationaltscheche, mußte jetzt vor den Kommunisten flüchten und ausgerechnet nach Deutschland zu den Deutschen, die er so unbändig haßt. Er befindet sich z. Zt. in einem Lager in Murnau am Staffelsee/Oberbayern. - Noch etwas geht auf sein Konto und zwar wohl das scheußlichste seiner Verbrechen. Herrn Max Steinfelsner, Sägewerksbesitzer, ließ Kroupa in gleicher Weise durch 14 Tage bestialisch martern und zum Schluß an einem Baum vor dem Joachimstaler Rathaus öffentlich aufhängen. Dazu hat er die gesamte Bevölkerung von Joachimstal aufgerufen; sie mußte Zeuge dieses scheußlichen Aktes werden. Wer daheim bleiben wollte, bedrohte er mit Erschießen. Viele Menschen sind angesichts dieses schrecklichen Ereignisses ohnmächtig geworden.

Wir fragen die deutschen Regierungen, wir fragen die deutschen Parlamentarier und Publizisten, was, sie zu tun gedenken. Wir fragen nicht allein, sondern mit uns fragen drei Millionen Sudetendeutsche in allen vier Zonen Deutschlands, fragen alle anständigen Deutschen, fragen alle anständigen Menschen dieser Welt. Wir fordern Gerechtigkeit, wir fordern, daß dieser Verbrecher vor ein Gericht gestellt wird und zur Aburteilung kommt. Wir fordern Gerechtigkeit im Namen der Witwen und Waisen, deren Ernährer durch diesen Verbrecher ohne Recht und Gericht ermordet wurden, wir werden nicht nachlassen, seine Bestrafung zu fordern."

 

„Die deutsche Polizei, die Frantisek Kroupa verhaftet hatte, um ihn wegen Mordes und Verbrechens gegen die Menschlichkeit vor ein Gericht zu stellen, erhielt von der US-Militärregierung den Befehl, ihn wieder freizulassen. Er sei DP und unterstände nicht der deutschen Gerichtsbarkeit."

 

 

Sources:

 


1948:

Grandpa was finally released from POW Camp 165 Watten [as one of the last ones, hopelessly un-reeducatable ones, because the camp closed down] to join his family, two days before the "Waehrungsreform".

[June 20, 1948, https://de.wikipedia.org/wiki/W%C3%A4hrungsreformen_in_Deutschland]

A few days later he received an offer from a former colleague, to open a joint law practice in Ruesselsheim on September 8, 1948.

But before starting any work, grandpa had to fight the de-nazification board, which probably took another 1-2 years. He did not have a chance. He was necessarily classified as a "Belasteter",
and as punishment he told me he was not allowed to practice law for five? years,
and his nine years of government service as head of the district court in Sternberg were scratched from his record.

 

Im Spruchkammerverfahren wurde xxx unter dem Entnazifizierungsgesetz in Gruppe II der Belasteten eingereiht. Die ihm wegen der genannten Belastungen auferlegte Sühne war: 180 Tage Sonderarbeiten für die Allgemeinheit innerhalb zweier Jahre; Einzug von 50% des Vermögens, wobei besonders die Sachwerte zu berücksichtigen, ihm aber die notwendigsten Gebrauchsgegenstände zu belassen seien; dauerndes Verbot, öffentliche Ämter zu bekleiden; Verlust jeglichen Rechtsanspruches auf Pension oder Rente; Verbot des Wahlrechts, der Wählbarkeit und des Rechtes zu irgendwelcher politischer Betätigung; Verbot, je einer Gewerkschaft oder beruflichen Vereinigung anzugehören; Beschränkung des Wohnungs- und Aufenthaltsrechtes; Verbot, je einen Kraftwagen zu halten; endlich wurde ihm durch den Kammerbeschluss 5 Jahre lang verboten, den juristischen Beruf auszuüben; letztlich Tragung der Kosten des Verfahrens...

 

"Es wurden Millionen Menschen, die nichts waren als gute Patrioten, von einer kleinen Minderheit entrechtet, deklassiert, depossediert und diffamiert - in einer Weise, wie es nie in der Weltgeschichte vorher geschah. Darüber hinaus wollte man diese Patrioten kollektiv als Verbrecher abstempeln, obwohl bei den allermeisten von ihnen feststand, dass sie an den begangenen Verbrechen nicht den geringsten Anteil hatten. Den Siegermächten kann da kein Vorwurf gemacht werden, wohl aber den Deutschen, die hier... zustimmten - oder schwiegen.

Ein Massenressentiment grössten Ausmasses hat die Entnazifizierung geschaffen. Millionen der «Betroffenen», ihre Kinder und Angehörige tragen es nun in sich, vielfach noch unbewusst..."

(Hans Grimm, 1950)

 

[The "Einzug von 50% des Vermögens" was an easy task": Grandpa had none, and if he had any savings before, they were gone after 1948, too.
Without any money and without income, I wonder how he ever managed to pay for the court cost ("Kosten des Verfahrens"). ]

 

[The concept of denazification may have been based on good intentions, but the results in Germany were dismal.
The "Spruchkammern" pitted neighbor against neighbor, and as a result created hatred and distrust in the German population
which was still dealing with famine and destruction.
As Hans Grimm noted in 1950, the massive resentment created by the denazification procedures
reverberated in the following generations in Germany, but stayed mostly unconscious.]

 

Grandpa's Czech law degree was not accepted in West Germany.
He had to study law again and pass the bar exam again - while doing menial work, like typing, for his new law partner.

[His partner would have been subject to prosecution if he would have let grandpa practice law during the prohibited five? years.]

As of 1949, my father was working full time as a bricklayer, and grandpa was not allowed to work and earned a pittance for typing.

As of 1949, the family had nothing, no furniture, no clothes, and their savings were wiped out by the currency reform in 1948.

 

Sources:

 


 

1954: Entnazifizierung

Ein starkes Herz muß haben und einen unerschütterlichen Glauben an sein Volk, wer da seit Jahren in der Brandung des millionenfachen Unrechts kämpft um Wiederherstellung des Rechts und Wiedergutmachung der angerichteten Schäden durch die „Entnazifizierung".

Und wer da forscht und fast erdrückt wird von der Flut der Akten, muß die Reife des Urteils besitzen und eine vom Leben geschaffene Kenntnis und Erfahrung um die „Unzulänglichkeit des Menschen an sich".

Nur dann mag seine Betrachtung und sein Endurteil, seine Benennung der Dinge mit harten Worten Anspruch erheben, als ernsthafter Niederschlag umfassender und gewissenhafter Betrachtung gewürdigt zu werden.

* * *

Die Geschichte der Völker weiß zu berichten von Greueltaten vieler Art zwischen Kriegführenden und von brutalen Vernichtungsakten unmenschlicher Sieger gegenüber den Besiegten.

Darum geht es nicht hier. Daß dem deutschen Volk von seinen "ritterlichen Befreiern" nichts an Vernichtung, unmenschlichen und brutalen Handlungen erspart blieb, nichts an Raub und Ausbeutung, ist geschichtskundig und in den großen Kontenbüchern der Völker auf der Debetseite der Sieger festgelegt.

Heute soll dargetan werden, was das deutsche Volk selbst aus und mit dem raffiniertesten aller Siegergesetze - dem der „Befreiung des deutschen Volkes von Nationalsozialismus und Militarismus" getan hat.

Nehmen wir die Gesetze der Sieger als unabänderliche Besatzerbefehle und machen sie zur Basis unserer Kritik, all diese „Kontrollratsdirektiven, Militärregierungsanweisungen, Verordnungen und Anordnungen" im Großen wie im Einzelnen auf dem Gebiet der Entnazifizierung.

So raffiniert und zugegeben sachverständig sie auch ausgeklügelt waren von den mit berechtigtem Mißtrauen zu betrachtenden Remigranten, vornehmlich aus den USA, immer ließen sie Möglichkeiten zu einer freundlichen und toleranten Auslegung und Anwendung durch die deutschen Nachkriegsbehörden, ihre Organe und - vornehmlich die deutschen Volksgenossen selbst.

Daß es nicht geschah, oder zum mindesten nur zu einem kleinen Teil, ist der nur noch sadistischen oder kriminell zu benennenden Handhabung tausender Leichenfledderer im deutschen Volke selbst zu verdanken.

Und so wäre die erste Frage zu beantworten: „wer die Saboteure und unmenschlichen Kreaturen" denn nun waren.

Nun, es waren, um es vorweg zu sagen, relativ wenig Juden; es mag sein, daß sie im Hintergrund namentlich unbekannterweise die Drähte zogen. Im wesentlichen waren es an der Spitze jene schwankenden Gestalten remigrierter SPD-Funktionäre, voll pöbelhaftem Haß und Vergeltungssucht im Verein mit ebensolchen Parteipolitikern anderer Farben. Mit und neben ihnen ganz selbstverständlich die Superintellektuellen, die „Entarteten" und eine Fülle Geschäftemacher ohne spezifische Parteifarbe.

Dieses Gesindel - zum Teil - von versehentlich Mensch gewordenen Kreaturen - von den Siegern bewußt in Führungsstellen mit allen Beutefreigaberechten ausgestattet gesetzt - führte den Reigen an. Sie allein gaben das Signal zum großen Abschluß - sie allein zeichnen in der Zukunft verantwortlich für den Appell an die gemeinsten menschlichen Instinkte, der Freimachung der Beutegier und Nutzung jeglicher Freiheit gegenüber den früheren NSDAP Mitgliedern - sie allein gaben den Start zum Raub und zum Diebstahl der Existenz und des Eigentums.

Daß sie aufs beste assistiert waren von allen jenen echten und angeblichen „Freigelassenen und Befreiten" aus den deutschen KZ's, den vielen politischen und noch mehr kriminellen Elementen, ist - menschlich gesehen - begreiflich und verständlich.

Dabei fiel freilich in der Folge erfreulich auf, daß beachtlich viele politische frühere KZ-Häftlinge - und zwar aus fast allen sozialen Gesellschaftsstufen - schnell zu anständiger Gesinnung und Loslösung von dem typischen kriminellen KZ-Gesindel zurückfand.

* * *

Was waren nun im wesentlichen die Motive, die die Entnazifizierung zum Beutezug, zum Raubüberfall, zur Orgie gemeinster Maßnahmen gegen Besitz und Leben der Millionen früherer Nationalsozialisten gestempelt haben?

Würde man hier der Weltpresse geglaubt haben, so war es selbstverständlich nur das idealschöne Streben, nun endlich eine echte, starke und klassisch reine demokratische Staatsform in Restdeutschland zu schaffen. Diesem Ziel allein, erzählten uns die Schmocks der ganzen Welt, diente die Ausschaltung und die Fernhaltung all jener Millionen Blockwarte und Zellenwalter der Arbeitsfront, der „Kraft durch Freude"-Organisation, der NSV, SA und Partei. Dieses zweckvolle Märchen freilich glaubt heute selbst der dreijäehrige Purzel Miesnick nicht mehr.

Nichts als Haß, Vergeltungssucht, sadistische Freude am Leid und im wesentlichen der alte liberalistische, materielle Hunger nach Besitz und Pfründe waren die bis heute erhaltenen, damals spontan hervorgetretenen tiefsten Gründe.

* * *

Und nun begann das Wirken: Schon alsbald hart nach der Kapitulation, ab Mai 1945 warfen die neuen - ach sofort erbärmlich versagenden - Machthaber, die in „Siegerstabsoffizieruniform" teilweise Remigrierten, Beamte und Angestellte aus ihren treu erdienten Stellungen. Mit einem Wisch Papier, das die Unterschrift irgendeines armseligen früheren „sicherungsverwahrten" KZlers trug, entließ man sie nach 15, 28, 40 Jahren Diensten, weil sie dem Land und Staat pflichtgemäß die Treue gehalten hatten und selbst dann, wenn sie keiner NS-Organisation angehört hatten. „Auf Befehl der Militärregierung" begannen diese Entlassungspamphlete und fuhren dann fort mit der Angabe einer irgendwelchen Anordnung Nr. 3 oder 17 oder 28.

Und setzten sich fort bis Ende 1947, wenngleich sie ab Mitte 1946 zahlenmäßig zufolge Erschöpfung natürlich nachließen. Sie änderten den Bezug auf die Direktiven-Nr. oder Anordnung, aber unerbittlich wurde gesäubert. Bald folgten diesen „Dienern des Staates" die Vertreter der freien Berufe und der freien Wirtschaft.

Rechtsanwälte durften keine Praxis mehr ausüben, Schriftsteller nicht mehr schriftstellern, Firmeninhaber erhielten Betreteverbot ihrer eigenen Geschäftsräume einschließlich Betätigungsverbot.

Gehälter der entlassenen Beamten und Angestellten entfielen ab dem Entlassungstag. Die Betriebsinhaber wurden von Treuhändern ersetzt - Geldentnahmen aus Eigenbesitz wurde verboten. Konten und Vermögen fast aller Hinausgeworfenen gesperrt.

Für Hunderttausende und Millionen begann das Leid und die Not und der Hunger.

Die „Entlassenen'" wurden dem Arbeitsamt „überwiesen" und im zweiten Strafgang zur „Enttrümmerungsarbeit" (härteste Handarbeit ohne geeignete Berufskleidung in Regen und Schnee, Hitze und Kälte) befohlen. Und all dies bei 1200 bis 1500 vom Feinde niedergehaltenen Tageskalorien an Nahrung. Im Weigerungsfall entfiel die Zuteilung der Lebensmittelkarten.

Ja, und dann konnten sie „Berufung" einlegen. Berufung bei denselben Gesellen und ihren Trabanten, die sie aus unendlichem Haß auf die Straße gejagt haben. Der Kläger und Shylock wurde zum „Berufungsrichter".

Nun, inzwischen hat sich im Lauf der Zeit herausgestellt, daß bei den „Entlassungen" am Mai 1945 schon eine Fülle von Merkwürdigkeiten, Irrtümern und Willkür obgewaltet haben muß.

Zuvorderst sind die meisten "Suspendierungen" (die Gerichte einschl. des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe haben ab 1952 rechtskräftig erkannt, daß alle jene „Entlassungen" keineswegs solche waren, sondern lediglich „Suspendierungen") in einigen Ländern schon deshalb rechtsungültig oder strittig, weil sie nicht in der von den Besatzermächten vorgeschriebenen Form und auch nicht auf den von den Siegern vorgeschriebenen Formularen erfolgt sind.

Eines der norddeutschen Länder glaubte sich sogar so mächtig, daß es im August 1945 eine interne Amtsverfügung in Umlauf setzte, die besagte: „Es wird empfohlen, auf Grund der Bestimmung über die Entnazifizierung auch solche Beamte und Angestellte die nicht politisch belastet sind, zur Entlassung zu bringen, wenn ihr Verbleiben im Dienst aus irgendeinem Grund nicht erwünscht ist."

So fing sie also an - die alleinseligmachende und Recht, endlich Recht schaffende Demokratie.

Es fiel dem „Befreiungsverbrechen" zum Opfer der Schulrat und Ministerialdirektor ebenso wie der kleine Sekretär oder Staatsarbeiter. Und es blieb nicht etwa bei den Behoerden"bereinigungen". Auch in der Privatwirtschaft wurde gesäubert. Der Dreher - er war 24 Jahre an der Drehbank gestanden - wurde entlassen - (er war von 1934 bis 1936 zwei Jahre einfacher SA-Mann). - Nicht unwesentlich dabei dürfte freilich gewesen sein, daß er 1945 gerade 65 Jahre alt wurde und somit in den Genuß der Spezialrente des Großunternehmens kommen sollte. Das hatte man nun gespart.

Auch der im Krieg durch Feindeinwirkung Erblindete entging nicht seinem Schicksal. Der zuständige „Bereiniger" der neuen Bundespost trieb ihn mit 30 Jahren in die für den Blinden besonders harte Untätigkeit - er war einmal kleiner HJ-Führer gewesen und hatte einen unbedeutenden persönlichen Streit mit einem Kollegen. Jetzt war der Moment es ihm heimzuzahlen für den reklamierten „deutschen Widerständler" (versteht sich!) gekommen.

Und der Ingenieur der Gaswerke, der schon immer saubere Arbeit verlangte, war ja auch von 1937 an in der Partei zahlendes Mitglied. Außerdem wer weiß, konnte man vielleicht seinen Platz einnehmen. Also kleine Anzeige und weg war er in den Trümmern. Hei, war das ein Triumpf. Endlich!

Und der Postinspektor, dieser widerliche Kerl, der einen dreimal verwarnt und einmal sogar mit Verweis bestraft hatte, weil man nun einmal gerne zwischen der Arbeit einige Schnäpse zu sich nahm und dann zugegeben die Kolleginnen nicht in Ruhe ließ und sich Zeit ließ, die Arbeit zu verrichten.

Endlich war der Moment gekommen. Eine kleine, wenn auch bis zum Komma unwahre Denunziation und er mußte seinen Hut nehmen.

Die zwei Kollegen, die die falsche Anzeige mitunterzeichnen mußten, gewann man leicht durch einen Schluck aus der Flasche und außerdem - sie hatten allen Grund zu Willen zu sein -, sie hatten ja auch vier Jahre mit „Heil Hitler" gegrüßt. Daraus ließ sich leicht eine neue „Sache" machen.

Ja und dann ging er, der Herr Postinspektor. Auch ein rechtschaffener Vorgesetzter konnte nur die Achsel zucken und seine Machtlosigkeit beteuern. Aber er war zäh, dieser Postinspektor mit den drei Kindern. Er kämpfte um sein Recht. Er erstattete Anzeige bei der Staatsanwaltschaft wegen falscher Denunziation. Und die Ermittlung bestätigte das. Der Herr Staatsanwalt aber mußte 1950 (ob es ihm leid tat oder nicht) schriftlich zugeben, daß der Denunziant zwar straffällig sei, jedoch unter die vielsagende 1949er Amnestie falle.

Die Postdirektion, von allen Dingen im Lauf unterrichtet, mußte sich bequemen, den Mann Ende 1952 wieder einzustellen. Nicht etwa als beamteter Postinspektor, wie rechtlich und moralisch zu erwarten, sondern als - Angestellter. Die Gewerkschaft und der Betriebsrat durften nicht unterliegen. Inzwischen, in der Zeit seines Leids und seiner unverdienten Prüfung - hat er, der Postinspektor, um seine Frau und Kinder zu ernähren, keine Arbeit ausgeschlagen. Aushilfsweise trug er Särge. Eine Tätigkeit, die ihm für drei Stunden bei Regen und Schnee im Falle der "Wohlfahrtsbestattung" 84 Pfennige netto einbrachte.

Aber sie hat ihn nicht gebeugt, die Hefe Deutschlands, die Unterwelt der Demokratie.

Er steht! Und bald wird er wieder seinen verdienten Beamtencharakter haben und irgendeiner wird auch die Zeche der acht Jahre bezahlen. Wahrscheinlich die Bundespost. Denn er ist zäh der Postinspektor, aufrecht und mutig und keiner kann ihm den Glauben rauben, daß diese Garnitur der 1945er nicht Deutschland, sondern das Gangstertum und der Auswurf der Menschheit sei.

* * *

Wieviele dieser Postinspektorenschicksale soll man erzählen? Hunderttausende oder gar Millionen? Sie sind alle so verschieden von einander wie das Verbrechen sich ja auch in unzähligen Formen äußert.

Auf jeden Fall aber folgten den Suspendierungen vom Amt oder aus der Stellung oder gar dem eigenen Betrieb die von den Besatzern zugelassenen und vorgeschriebenen Berufungen. Fast alle legten sie, die Verdrängten, die Berufung ein, vertrauend auf ihr Recht und ihr gutes wie reines Gewissen und im Glauben an Treuepflicht, Anstand und deutsche Rechtsprechung.

Das freilich erwies sich als Irrglauben. Denn diese Berufungen wurden zuvorderst den sogenannten „Fachausschüssen" der Entnazifizieiung zugeleitet und in ihnen wirkten ja ausschließlich ihre politischen Gegner, mehr noch aber die Inhaber derjenigen Aemter und Stellungen und Wohnungen, aus denen sie verjagt worden waren.

Jawohl - auch aus den Wohnungen wurden sie verjagt, verjagt - freilich - ist vielleicht zu wenig gesagt.

Was man ihnen, den Entlassenen und Internierten zusätzlich antat, war Diebstahl, war Raub, Enteignung von Haus und Heim, von Wohnraum, Möbeln, Bett und Kleidungsstück.

Eine in der Geschichte der sogenannten Kulturstaaten bislang unvorstellbare Gewalttat, ein Eingriff in die letzte und privateste Sphäre des Menschen, geschah.

Die Verordnung DV 4 im besetzten Deutschland verfügte - - - die Wohnraumbeschränkung früherer Nationalsozialisten.

Sie war teuflisch erdacht und wurde noch infernalischer durchgeführt.

Und wer hatte in den von der honorigen und abendländischen Royal Air Force besuchsweise beehrten und somit zerschlagenen 85 Großstädten Deutschlands, den durch 8 Millionen Ostflüchtlingen zusätzlich ungenügenden Wohnräumen im Restdeutschland nicht „diesbezügliche Wünsche" bei den neuen Demokratenfuehrern?

Und was schor es schon den Gewerkschaftssekretaer Maier, der zuvor und Zeit seines Lebens in 1 1/2 Zimmern im Slum einer Großstadt gelebt hatte, daß er ja gar kein Besatzerquartier abgegeben hatte.

Da war der NSV-Walter Krönen mit Frau und zwei Kindern - mit einer, man höre: 2 1/2-Zimmerwohnung, Küche und Balkon und 12 qm Gärtchen. Er war ohnehin im Zeitstrudel erstmal interniert und somit „untergebracht" und seine Frau klopfte 12 Stunden am Tag Ziegelsteine blank, um Lebensmittelkarten zu erhalten. Kröner mußte raus! Eine der kleinen, aber völlig unwahren Denunziatiönchen und die Erklärung. daß man aus der eigenen Wohnung verjagt sei und die Wohnung Kröners ging über das „umbesetzte Wohnungsamt - der Vogel aus der Gewerkschaft war stellvertretender Wohnungsamtsleiter geworden - an Herrn Maier. Mochte Frau Kröner, das Weib des „Drecknazi's" sehen, wo sie unterkam. Geschah ihr ganz recht.

Frau Kröner aber hatte noch Glück - Sie durfte den „größten Teil" ihrer Möbel und ihres persönlichen Besitzes mitnehmen.

Denn auch dieser Besitz - Möbel, Betten, Wäsche, Kleider und Mäntel, Vorleger und Küchengeschirr konnte requiriert werden, was in 9/10 aller Millionen Fälle „gestohlen" heißen mußte.

Fast ohne Quittung. Denn ein „Nazi" war Freiwild. Er sollte sich erlauben, ein Wort dagegen zu sagen!

Da kam, aus Polen angeblich, Frau Sarah Veilchengeruch, selbstverständlich nur durch einen Zufall, durch Gottes Hand, der Vergasung entgangen. Sie forderte 4 Zimmer mit gutbürgerlicher Einrichtung und mit echten Teppichen, versteht sich - sie war ja „Verfolgte" zu 120% (in Schlesien war ihr Mann von den Russen kassiert worden - er „handelte" mit Eiern). Und man warf den Diplomingenieur Grüner aus seiner Wohnung. Laut Wohnungsamtbescheid und gemäß britischer Militärregierungsverordnung DV 4.

Denn er war Mitglied der „Arbeitsfront" und der NSV gewesen und war im Kriege sogar Reserveoffizier. Grund genug, ihn, seine Frau und zwei Kinder endlich dafür zu bestrafen. Frau Veilchengeruch bezog die Wohnung - vermietete einen Teil zu zehnfachem Preis und verkaufte Radio und Silbergeschirr auf dem Schwarzmarkt.

So hat man sie ihrer Wohnräume und sogar ganzer Häuser beraubt und aus ihnen verstoßen. Was an Einrichtungsgegenständen nicht zugleich „requiriert" wurde (teilweise unter Berufung auf das Reichsleistungsgesetz vom September 1939 des Dritten Reiches, das nur für die Kriegsdauer und nur für Reichsbehörden Gültigkeit hatte, sich nun aber auch für den privaten Nachkriegsraub zu eignen schien) - mußte in Kellern oder Schuppenräumen untergestellt werden - jahrelang - und verkam dort bis zur Brennholzreife.

Aber nicht nur die Häuser und Wohnungen wurden nutzungsenteignet und widerrechtlich - teils unter Gewaltanwendung - gestohlen, man - verstieß sie sogar aus ihren kleinen Schrebergärten. Gemüse und Obst waren knapp - 1945 bis 1948 - hinaus also mit ihnen, den kleinsten aller kleinen Partei- oder SA-Mitglieder aus den Schrebergärten. Das stand zwar in keiner Besatzeranordnung, aber wer besaß die schon s. Zt.? Wer wußte das? Woher sollte die Ehefrau des politischen Internierten unterrichtet sein, daß die Vertreibung aus dem 500 qm Gärtchen (seit 15 Jahren bearbeitet und Objekt der Ersparnisanlage - Pfennig um Pfennig -) ein reiner Willkürakt der neuen Former eines „glücklicheren, demokratischen Deutschlands" war?

In einer norddeutschen Großstadt hat man dann in den Jahren 1949/52 diese Schrebergärten - Tausende an der Zahl - Fall um Fall und jeden unter Kosteneinsatz - zurück klagen müssen. Mit Erfolg selbstverständlich - denn nirgends bestand eine Rechtsgrundlage für diesen - Diebstahl. Gehetztes Freiwild - die Millionen, wer fragte nach ihren Rechten?

Die Parole Moskau's - „schlagt die Faschisten, wo ihr sie trefft" - war in Wirksamkeit.

Aber nun - meinten sie, die „Nazi's", nun müsse ja ihre Rehabilitierung kommen. Ihr Freispruch, ihre Weiterbeschäftigung, ihre Kontenfreigabe, ihre staatsbürgerliche Gleichheit, die Rückgabe ihrer Wohnungen, ihrer Häuser - nun, in den beantragten Berufungsverhandlungen.

Oh, Ihr armen Verblendeten! Dante beginnt seine „göttliche Komödie" mit den Worten: „Ihr, die Ihr eintretet, lasset fahren alle Hoffnung!"

Sie hätten wahrhaft als Einführungsworte über den „Entnazifizierungsvorschriften" stehen können und müssen.

Sie wurde zum Meer von Schlamm und Unrat, diese "Berufungsmassnahme". Zuvorderst einmal waren die Ausschüsse personell so zusammengesetzt, daß mit 10-20% Ausnahmen - die Linie der beabsichtigten Vernichtung gewahrt blieb.

Zwar sollten, der Siegervorschrift folgend, an der Spitze Männer stehen, die „zum Richteramt befähigt seien". Es wäre naheliegend gewesen, nun auch wirkliche Berufsrichter mit einem hinreichenden Erfahrungsschatz hierfür einzusetzen. Wie aber sollte das möglich sein, nachdem man Tausende und Abertausende wahrhaft fähiger Richter, vom Präsidenten des Oberlandesgegerichts angefangen, selbst schon 1945 auf die Straße gesetzt und sie zu Objekten der Entnazifizierung gemacht und damit auch auf anderen Gebieten das (gewollte) Rechtschaos geschaffen hatte?

Es blieben also bestenfalls die „Rechtsanwälte" als qualifiziert anzusehen. Sie wurden aufgefordert - und versagten sich teils aus Charaktergründen, teils aus solchen der Klugheit. Die Mehrzahl unter ihnen lehnte die Mitwirkung an dieser Fortsetzung der „deutschen Schande" ab.

Einige wenige nahmen an, um ehrliche Mittler und aufrechte Helfer des Rechts zu sein. Ihnen mag gedankt werden müssen. Sie verringerten das Volumen des Unrechts zwar, sie verringerten es aber um zu Weniges, viel zu Weniges.

In der Mehrheit setzten sich an die Spitze der Ausschüsse - der „Ausschuß" der Anwälte, selbst; die „Auchanwälte", die „politischen" und beruflichen "Gernegrosse", die Nieten ihres Stands, die immer bereiten Opportunisten und Gewinne Witternden und nicht zuletzt die "Wiedererstandenen", die »Widerständler" und armen, armen „verfolgt Gewesenen".

Nun mochten sie sehen, die Nazi's, was man mit ihnen aufstellen konnte, Endlich konnte man nun wieder selbst „diktieren", nun war man wieder „Herr" über sie oder jedenfalls, was man unter „Herr" verstand.

Ihnen, dieser Art und Nam Vorsitzende gebührt in erster Reihe Vorwurf und Anklage - sie zeichnen ohne Entschuldigung gesamtverantwortlich.

Es waren etliche unter ihnen, die die zur Verhandlung eintretenden „Berufungsantragsteller", in ihrer Ausdrucksvornehmheit mit den Worten. begrüßten:

„Da bist Du also, Du Nazischwein !"

Sie haben der Sache einen schlechten Dienst geleistet, den schlechtesten. Keiner der also Behandelten, der es vergessen hat oder vergessen wird! Und der sich im Verein mit Millionen Gleichentrechteten zur gegebenen Stunde nicht bedanken wird - ein jeder auf seine Art . -

Aber nun auch Einiges von den „Beisitzern" dieser Fach- und Berufungsausschüsse. Sie waren zahlreich. Ein jeder Ausschuß wies - von Land zu Land verschieden - 4-8 dieser „Laienrichter" auf. Und eine jede der neuen auf Siegerbajonetten errichteten echt demokratischen Parteien war vertreten. Die ersten Jahre, bis 1948, auch die Kommunistische Partei. Sie trat rechtzeitig aus den Ausschüssen zurück; die Saat war aufgegangen.

Auch die christlichste aller Parteien war vertreten. Allesamt hatten sie ein brennendes Interesse an der Entnazifizierung. Jeder ihrer Vertreter mußte dabei sein. Es war ja so einbringlich und instruktiv und man mußte ja die Interessen der nicht ruhenden Parteigänger wahren. Von den SPD-Parteivertretern - in der Mehrheit zusammen mit den „aufrechten" Gewerkschaftsgenossen ganz zu schweigen.

Immerhin hielt man es für erwünscht und richtig, die Namen aller Fach- und Berufungsausschußmitglieder geheim zu halten. Sie wurden nie veröffentlicht und keiner unterschrieb eine seiner Entscheidungen, wie von den Besatzern vorgeschrieben. Nun, keiner ist unbekannt geblieben. Es mag sich jeder Entnazifizierer klar sein, daß er für jede einzelne seiner Unrechtstaten Rechenschaft abzulegen haben wird. Seine Kollegen haben ihn den Entnazifizierten gegen und ohne Entgelt verraten. Denn irgendwie seit 1949 oder 1950 fühlten sie sich unsicher, die Herren Entnazifizierer. Die Front zerbrach und sie - die großen „unparteiischen" Rechtsprecher der Ausschüsse - begannen zu handeln, wie eben charakterlich labile, furchtsame, feige und grundsätzlich schlechte Menschheitsvertreter handeln müssen. Sie verrieten sich bei den Entnazifizierten.

Und nun schalteten sich - Vorteil und Gewinne witternd - auch die Rechtsanwälte als Vertreter der Berufungsantragsteller ein. Die Hochkonjunktur - angesichts der sonstigen wirtschaftlichen Grabesstille in Deutschland - begann. Auch hier schieden sich 30 % saubere, lobenswert anständige und rechtlich denkende Männer von den tausendfältigen Hyänen an ihren deutschen Brüdern.

Und es begann - der Kampf um die günstige Einstufung - als Mitläufer oder Entlasteter. Er begann - mit Korruption und endete mit - Korruption. Herr Morgenthau und seine Freunde einschließlich ihrer deutschen Vollstrecker hatten richtig geschätzt.

Er schied die deutschen Menschen, mitten in der Familie beginnend, über Freunde und Bekannte hinweg in zwei Lager. In zwei Lager, die auch heute noch bestehen. Kein notdürftiger Verband und kein noch so äußerlich freundliches Pflaster vermag diesen Zersetzungszustand als nicht auch heute noch in der Tiefe existierend, zu tarnen.

Sie wurde auch geldlich teuer, sehr teuer, die Entnazifizierung.

Die letzte Mark des Sparkontos und der Gegenwert unendlichen Wertbesitzes, das in die Leihhäuser wanderte, wechselte den Besitzer. Der diffamierte und entlassene Deutsche, das frühere NSDAP-Mitglied, brachte jedes Opfer. Seinem Rechtsvertreter und zusätzlich den Ausstellern entlastender Erklärungen - beschämend für jeden - Geber wie Nehmer.

Fuer die Berufungsausschuesse galten ganz klare, von den: Besatzern bei Verlagerung der Entnazifizierungsdurchführung in „deutsche" Hände im Frühjahr festgelegte Vorschriften. Es war gefordert, daß die Berufungen mit äußerster Beschleunigung durchgeführt werden müßten, objektivest und unter weitgehender Zubilligung des Rechtsgehörs an die Beschuldigten.

Ja, so meinten die immerhin an der Niederhaltung Deutschlands interessierten Siegermächte. Sie hatten zuvor Herrn Dr. Högner, den noch immer amtierenden bayerischen Innenminister mit seinen tyrannisch pseudodemokratischen Methoden gehört. Denn er und wenige seiner Freunde, deren Namensnennung freundlicherer Zeit vorbehalten bleiben mag, hatten ja den Feinden von gestern die Grundzüge des vernichtenden und unmenschlichen Entnazifizierungsgesetzes ausgearbeitet und überreicht.

Um es vorweg zu sagen: Was blieb und durchgeführt wurde von diesen dem Scheine nach Rechtsform wahrenden Siegervorschriften war ein Nichts oder so gut wie nichts.

Die „Beschleunigung" der Berufungsdurchführung erstreckte sich auf 4, 36, 48 und 60 Monate, die in 6 Monaten höchstens erledigt sein konnte und mußte und in einem rühmlichen Exempel eines Kreises in Schleswig auch durchgeführt wurde.

Es war nicht opportun und lief in jedem Fall gegen die Interessen der Nutznielsser der deutschen Kapitulation, zu „beschleunigen". So schön, wie diese Zeit von 1945 bis 1950 war, konnte sie später nicht mehr werden.

Und die „Objektivität"? Welche Phrasen! Was überhaupt hieß „Objektivität"? Wer definierte dieses komische Wort? Wer prüfte die Durchführung? War man nicht unter sich, unter gleichen Pfarrerstöchtern? „Objektiv" wurde, was „genehm" und „von Vorteil" war.

Und dann „Rechtsgehör". Was sollte das schon heißen? Man war ohnedies „links" und gewährte eben nur „Linksgehör!" Ein Teil der Ausschußmitglieder mochte im übrigen in der Tat das Wort zum ersten Mal gehört haben, denn es lag völlig außerhalb ihrer Vorstellungswelt. Man war gewöhnt, Kisten zuzunageln oder Fahrkarten zu knipsen, aber „Rechtsgehör" - da mußte man erstmal hören, ob das nicht eine neue Zigarettenmarke war. So sah sie aus, die Meute der „Ausschußmitglieder".

„Rechtsgehör"! Erschien da ein Polizeigeneral, sogar aufrecht und ungeknickt, als ob er gar kein schlechtes Gewissen habe. Der jüdische Anwalt als Ausschußvorsitzender ist bereits entrüstet. - So etwas gab es noch im Morgenthau-Deutschland? Nun, man wuerde ihn zum Kuschen bringen, diesen schmutzigen Nazigoi und Militaristen! Lebenslauf, Fragebogen, Rueckfragen! Nichts, es war nun einmal nichts zu entdecken. Partei oder Tätigkeit fuer ihn fiel aus. Fehlanzeige. Teufel ja! Also Verlesung des polizeidienstlichen Lebenslaufs:

„War im Jahre 1944 mit seiner Polizeidivision in Rußland zur Bekämpfung von roten Partisanen eingesetzt. Daselbst infolge glänzender Bewährung mit Ritterkreuz ausgezeichnet."

„Wie, Partisanen haben Sie bekämpft? Und dafür auch noch das Ritterkreuz wegen Tapferkeit? - Das genügt, Gruppe III. Betätigungsverbot. Keine Pension! Konten bleiben gesperrt."

Und aufrecht verließ der General, nachdem man ihm das Ruhegehalt nach 34 Dienstjahren abgesprochen hatte, das „Ausschußsitzungszimmer", den Raum, in dem Unterwelt und politische Verbrecher ihr Unwesen trieben. Auch ihn haben sie nicht zum Kuschen gebracht.

Er schrieb sich Nam und Datum in's Notizbuch und geht ruhigen Schrittes - wenn auch mit zerschlissenem Mantel und zerstopftem Rock - durch Deutschlands Straßen. Der Vertreter des Deutschlands von - morgen, des wirklichen Deutschlands des Anstands, der Würde und der Ehre.

Nicht immer haben sie sich soviel Mühe gemacht mit dem „Rechtsgehör", Tausenden, Hunderttausenden wurde es auf „Fünfminutengehör" umgestellt, weitere Millionen Fälle nur nach „Aktenkunde" erledigt. Das Nazis, die da standen.

Wo bliebe da der endliche Sieg über den Nationalsozialismus, dem zuliebe man schon immer Land und Volk an's Ausland verraten hatte!

Im wesentlichen bestätigten also diese „Ausschüsse" die Entfernung aus den Aemtern, Dienststellungen und Betrieben, verboten oder beschränkten die oder jede Tätigkeit und strichen die Rechtsansprüche auch dann, wenn einmal einer der wenigen „entlastet" werden mußte.

Alles in dieser haßerfüllten politischen Strafaktion hatte System.

Zuvorderst bestrafte man, unvorstellbar bis 1945 - eine politische Gesinnung und man bestrafte, was zuvor nie gesetzlich verboten war.

Alle Rechtssätze der Welt und aller Zeiten gingen über Bord. Man beraubte und plünderte, stahl und vernichtete ihre Existenz, Hunderttausenden, Millionen.

Selbst in den selten gutgelagerten Fällen verschob man die „Entlastung" zum mindesten bis nach der Währungsreform.

Denn damit nahm man ihnen die wirtschaftliche Startmöglichkeit, ließ sich und seine Freunde den durch Gewalt und Freiheitsentziehung geschaffenen Wirtschafts- und damit Hortungsvorsprung - der niemals mehr bei Dauer dieser Demokratie aufzuholen war. Es war die Strafe der Existenzvernichtung in Permanenz.

Die Rechnung ging - wie sie glaubten, die Gangster - auf. Die Söhne und Töchter der in der Entnazifizierungsmühle Befindlichen hatten keine Aufstiegsmöglichkeiten in gehobene Berufe, keine Chance mehr zum Studium. Das wollte man nebenbei oder gar hauptsächlich mit dem Entzug aller finanziellen Mittel erreichen.

Ein Sulla und ein Marius mit ihren Proskriptionslisten blieben vergleichsweise Stümper in der Vernichtung und Ausrottung ihrer politischen Gegner.

Wen möchte es darum wundern, daß die Kurve der Freitode wie bei einem Fieberkranken das Thermometer - jäh anzusteigen begann?

Waren schon 1945 bis 1946 Zigtausende (oder gar Hunderttausende) zerbrochen in die Ewigkeit gefluechtet, als sie aus ihren Existenzen geworfen wurden, so verblieben doch noch Millionen, die an ihre baldige Rehabilitierung, die Beendigung ihrer Not durch die Entscheidungen der Berufungsausschuesse glaubten.

Und nun waren sie erneut diffamiert und entrechtet geblieben. Ihre Lage wurde aussichtslos. Ihre letzte Hoffnung von ihnen genommen. Es schien ihnen unmoeglich, ihr Los jemals noch zu bessern, ihre und der Familie Lage zu meistern. Denn - „Diese Entscheidung ist endgültig" - stand unter ihren Ausschußurteilen. Rechtsmittel für weitere Instanzen gab es nicht - jedenfalls kaum in einem der deutschen Lande bis 1950. Und so suchten sie den Tod im Wasser oder sie nahmen den Strick. Vielleicht auch legten sie sich zum letzten Schlaf in die Küche und öffneten die Gashähne. Zigtausende Deutscher gingen so.

Teilweise nahmen sie Frau und manches Mal auch die Kinder mit hinüber in das Reich, in dem kein Entnazifizierungsgesetz existent sein konnte. Dort waren sie seit langem erstmalig wieder gleich - gleich vor Gottes Thron und Sitz. Und niemand nahm Kenntnis im Lande Deutschland. Die lizenzierte Feindpresse im ganzen Lande hatte ein Verbot, diese Art Freitode auch nur im lokalen Teil mit einer Spalte zu erwähnen. Da und dort vielleicht - „suchten den Freitod infolge wirtschaftlicher Schwierigkeiten" - oder „das Motiv ist unbekannt". So schieden sie aus ihrem Elend, Opfer eines unerbittlichen Feindes, Verratene! Gefallene nach dem Krieg! Oh nein! Die von uns gingen, sind Ermordete, sind kriminell Getötete und wer immer auch einzeln oder in Gruppen oder Parteien sie in den Tod zwang, ist - ein Mörder! Bestialischer und unentschuldbarer Mörder!

Da war ein Arzt irgendwo, Chef eines in der ganzen Welt bekannten Krankenhauses, Koryphae auf seinem Spezialgebiet und wahrhaft „hilfreich gegen Jedermann und allezeit". Nichts von Parteitaetigkeit, ein einfaches zahlendes Mitglied der Partei wie Millionen. Aber seine Stellung, sein gehobener Posten mit so sicherer Einkunft lockte. Und was vermochte schon eine kleine Denunziation alles zu jener Zeit - im Sommer 1945. Er wurde binnen einer einzigen Stunde „entlassen", seine Privatpraxis verboten. Reinen Herzens stürmte er gegen diese Willkürmaßnahme an und erreichte bei den Engländern alsbald seine Wiedereinstellung. Mit zerknitterten Nerven freilich, aber das Recht und die Menschenwürde hatten doch gesiegt. Welch sträflicher Irrglauben! Nur wenige Wochen gingen in's Land und - wiederum wurde er fristlos seines Amtes enthoben.

Und nun überfiel ihn die Dumpfheit der Verzweiflung. Nun glaubte er nicht mehr an Gerechtigkeit, an menschlichen Anstand. Seine Vorstellungswelt aus dem Ethos des Aerzteberufs gebildet und geläutert, zerbrach! Zerbrach in einer Nacht und einem Tag. Und zwang ihm die Spritze eines befreienden Narkotikums in die zitternde und lebensmüde Hand. Eine Frau und eine Tochter standen erschüttert vor dem Toten und lasen, lasen immer wieder die kurzen Abschiedsworte des durch die Entnazifizierung Gemordeten. Knapp drei Wochen danach wurde er, von dessen Tod kaum jemand Kenntnis hatte - im Schnellverfahren, von den Besatzern zwingend gefordert - entlastet und seine große, menschliche Güte attestiert. Das Leben, dieses wertvolle Leben, das in Jahrzehnten Unzählige dem Tod abgerungen hatte, war ihm wertlos geworden inmitten einer Welt von Verbrechern.

Der Denunziant und das unselige System der Vernichtung mittels politischer Reinigung hatten gesiegt. Unbeschwert und charakterlos nahm der neue „Chefarzt", der früher unterstellte Oberarzt des aus dem Leben Geschiedenen, das Skalpell in seine blutbeschmutzten Gangsterhände.

Dann war da noch jener Vorarbeiter Janssen im Lagerschuppen einer Hafenstadt. 32 Jahre hindurch Tag für Tag tat er seine Pflicht. Keiner der Arbeitskollegen, der ihm nicht wohlgesinnt sein konnte. Eine Seele von Mann und ein guter Kamerad. Jederzeit zur Hilfe am Nächsten bereit. Ruhig, besonnen, still und pflichtbewußt ging er durchs Leben. Auch ihm wurde der blaue Brief:

„Sie sind wegen Ihrer Zugehörigkeit zur NSDAP mit Wirkung ab sofort aus Ihrer Stellung entlassen"

überreicht. Um 17 Uhr hatten sie ihm das Schreiben in die Hand gedrückt. Seinen Restlohn sollte er sich morgen abholen. Er hat ihn nicht mehr holen können, der Peter Janssen. Da draußen vor dem Schuppen floß der Strom in seinen vielen Armen. Eine alte Schute lag festgemacht am Kai. In sie stieg Peter Janssen mit seinem Entlassungsschreiben in der Arbeitsjacke. Und da saß er, kaum sichtbar vom Land, und stellte die ewige Frage, immer wieder: „Warum mir? Was hab' ich getan? Was soll ich denn nun? Morgen früh weiß ich ja schon nicht mehr, was tun". Selbst die Pfeife vergaß er. Seine Welt ging unter. Klick - klick - schlug das Wasser an die Schutenwände, klick! klick! Und als dann spät - wie spät eigentlich - die Nacht den Tag verdrängte, stand Peter Janssen auf und ließ sich ruhig und still in's Wasser gleiten. Strom und Nacht nahmen ihn in die Arme.

Als er nach zwei Tagen angeschwemmt worden war, standen seine Frau und seine zwei Jungens vor dem Mann und Vater und lasen die auf dem Entlassungsbriefumschlag gekritzelten paar Worte: „Laßt gut sein. Ich kann das nicht versteh'n. Ich habe Keinem etwas getan. Ich grüß Euch. Denkt an Euern Vater!"

Da reckt sich der 15-Jährige und sein Jungengesicht wird hart und sein Mund stößt keuchend die Worte heraus: „Vater, das werden sie mir bezahlen. Hundert für Dich sollen sterben".

Am übernächsten Tag war der Arbeiter Sick Vorarbeiter geworden. 14 Jahre werkten sie zusammen, der Tote und er. Im Jahre 1933 hat sich Peter Janssen vor ihn gestellt und gesagt: „Der bleibt neben mir wie bisher". Trotzdem Sick SPD-Gefolgsmann und radikaler Gewerkschafter war. Ein bitterböses Lächeln glitt über Sicks Gesichtszüge, als er aus dem Schuppenkontor kam. Seine anonyme Anzeige gegen Janssen hatte also doch Erfolg gehabt. Jetzt war er Vorarbeiter.

Die Hölle hatte ihre Hunde losgelassen auf Deutschland im Mai 1945.

In der Entnazifizierungsmühle - nunmehr ab 1947 nur in den Händen Deutscher - ein wohl berechneter, raffinierter Trick der Besatzungsmächte zwecks endloser Niederhaltung Deutschlands - wurde weiter gemahlen.

Es ging ab nun nicht mehr nur um die bisherigen Ziele - es begann auch noch der Kampf um fiskalische Vorteile.

An den Entnazifizierten sollte und mußte das eingespart werden, was man zur Lebensstandarderhöhung der eigenen Bonzen an Geldmitteln brauchte und wollte.

Warum sollte man also die Witwe des 1942 im Kampf gegen Rußland an der Front gefallenen Mitgliedes der NSDAP oder ihrer vielerlei Organisationen nicht auch zur Ader lassen? Was konnte eine hilflose, alleinstehende Frau schon groß einwenden? Sie war - materiell und sozial gesehen, dazu kaum im Stande, ganz abgesehen von der nicht unbekannten Indolenz einer Frau an sich und ihrer Abneigung gegen Klagen und Gerichtsverhandlungen.

Und so erfand man die Entnazifizierung „post mortem", die Vergeltung und Bestrafung, selbst nach dem Tode, auch dem Ehrentod vor dem Feind.

Man setzte die Witwe Kley ganz einfach auf 1/2 ihrer bislang bezogenen Witwenrente. Und erfand dazu den klassischen Begründungssatz, daß der verstorbene Ehemann, wenn er noch lebte, im Zuge der Entnazifizierung, und da er Blockwalter gewesen sei, bestenfalls in Gruppe III mit Sanktionen und Maßregeln eingestuft worden wäre. Alsdann wäre ... und sei ... und deshalb wurde nun auch die Witwenrente gekürzt.

Ja, so und ähnlich begründeten sie diese neue Sparmaßnahme. Und es gibt Witwen, die so eingeschüchtert wurden, daß sie nicht wagten, ihre Namen zu nennen und ihr Recht zu fordern aus Besorgnis, ihre Herren und Ausnutzer zu reizen und dadurch vielleicht der gesamten Rente verlustig zu gehen. Ein feiner Start der rechtstaatlichen Demokratie, darf man wohl sagen.

Elenderes Lumpenvolk gibt es kaum wie ein Großteil dieser Herren „Entnazifizierer".

Der Tote - in allen Völkern der Welt Gegenstand des Kults und der Verehrung, insbesondere wenn sein Tod der Tribut des Dienstes am Volke war - der Tote wird nachträglich entnazifiziert.

Bei den primitivsten Völkern dieser Erde schon - sie sprechen Recht ohne Gesetzesunterlagen - war der Tote tabu.

Die Anklagebehoerden aller Rechtsstaaten - legen die Akte des verabscheuungswuerdigsten Verbrechers stillschweigend ab, wenn der Beschuldigte vor seiner richterlichen Aburteilung aus dem Leben scheidet. Das Verfahren ruht in alle Ewigkeit.

Die Entnazifizierer in Deutschland, die tapferen Widerstaendler, lassen in neuer Form die Sippenhaft wieder aufleben. Sie bestrafen nun auch die Witwen.

Nun, man hatte annehmen duerfen, daB zum mindesten die sogenannten „Heimkehrer" wenigstens von der bald als Verbrechen erkannten Entnazifizierung freigestellt worden wären. Jene Männer, die zum weitaus größten Teil 1946 bis 1948 aus der russischen Gefangenschaft mit ihrem beispiellosen Martyrium nach ihrem Vaterland Deutschland zurückgekehrt sind. Seelisch und körperlich gebrochen in großer Zahl.

Aber weit gefehlt. Auch sie durchliefen genau wie all die anderen die ganze lange Gasse der Spießruten - die schandbeladene Entnazifizierung.

Und so werden diese frueheren Soldaten und Nationalsozialisten heute bekunden - es gibt weder in Russland Recht und Meinungsfreiheit noch im verbliebenen Restdeutschland.

Jene aber waren als Quälgeister immerhin in doppeltem Sinne unsere Feinde, diese aber gaben vor, gleichen Blutes und gleicher Sprache - als Deutsche zu sein.

Und darum ist es so vielfach schaendlicher - fuer die Deutschen.

Auch hier schuf man sich Zigtausende erbitterter Gegner mit dem Unrecht der Entnazifizierung.

Nicht im ganzen Lande "Bundesrepublik" freilich haben die Entnazifizierer die Entscheidungen durch die Jahre gezerrt und verschleppt.

Im Südwesten hatten sie unter französischer Führung auch andere Systeme dafür. Sie erledigten sie auf „administrativem" Wege, ohne daß der Betroffene auch nur mit einem Wort vorher gehört wurde. Und es geschah, daß in einer so überaus beliebten Stadt am Rande des Schwarzwaldes ein sozialdemokratischer Parteisekretär an einem einzigen sonnigen Vormittag 984 „Entnazifizierungsentscheidungen" aussprach. Wohl behütet von dem obersten Entnazifizierungschef, einem anmassenden Juden, der von sich aus das Entnazifizierungsgesetz der Besatzer in rechtswidriger Form, ressentimentgeladen, mit aller Willkuer ausgeweitet hatte.

Im wesentlichen waren es Landwirte der Grenzlande der Schweiz, die betroffen wurden.

900 Bauern sollten neben untragbaren Geldbußen allen ihren Besitz oder Teile ihrer Aecker, ihrer Reben und ihres Viehbestandes abgeben - und dadurch der Existenzvernichtung ausgeliefert werden. Auch hier standen im Hintergrund schon die Nutznießer bereit, sich auf die Beute, den Besitz ihrer Mitbauern und Nachbarn zu stützen.

Irgendwo einmal oder fünfzigmal erschien in den Jahren 1929 bis 1933 im holsteinischen Raum der Vollstreckungsbeamte des weiland Weimarer Republikfinanzamts - seligen Gedenkens - um den Trecker oder ein Pferd oder Kuh des steuerrueckstandigen Bauern zu pfänden und wegzuführen. Und da standen sie - die blitzschnell zusammengerufenen 15 oder 28 Dithmarscher Bauern des Dorfes, trutzig und wortkarg und deckten Kuh oder Pferd mit ihren Leibern ab.

Unverrichtet mußten sie abziehen - Gerichtsvollzieher und Begleitgendarm - wenn sie ihr Leben gern hatten. Weh' dem Mitbauern, der günstigen Erwerb aus der Versteigerung nutzen - dem deutschen Bruder in den Rücken fallen wollte. Sein Leben war verwirkt.

Nun, auch die Rechnung des SPD-Funktionaers - von CDU gedeckt und geduldet - ging nicht auf. Ein aufrechter deutscher Mann und Buergermeister einer Kreisstadt laeutete die Glocken zum Stuerme und verhinderte damit das geplante Verbrechen. Sogar der „Befreiungskommissar", der Jude, der weder im KZ gesessen, noch emigrieren mußte, stürzte.

In der Kolonie der Amerikaner aber war die "Korruption" wirksamster Motor der Bereinigung. Mit Geld und Lebensmitteln, Alkohol und Wohnräumen wurde das „Verbrechen" abgegolten, „Nationalsozialist" oder Mitglied einer dieser Organisationen gewesen zu sein.

Sie wurden „reich" nun, die Habenichtse von je! Selbst Beteiligungen in gewinnbringenden Betrieben wurden geboten und genommen für die - Entbräunung!

Und die „freie Wirtschaft"? Das war erst eine Treibjagd. Hier kamen die Denunzianten begreiflich aus den Kreisen der „Wettbewerbsfirmen " oder der leitenden Angestellten, da und dort aus dem wiedererstandenen Betriebsrat. Die Mitglieder des letzteren, meist Kommunisten, erklärten ihre „Chefs", bei denen sie 30 oder 20 oder 12 Jahre beschäftigt waren, plötzlich für „völlig untragbar und unzumutbar", da der Herr Firmeninhaber Kleber ein fanatischer „Nazi" gewesen sei. Beweis: er habe ein „Gaudiplom " vom Jahre 1937 wegen besonderer Leistungen für „Kraft durch Freude". Sie vergaßen zwar, die Denunzianten, daß sie selbst im Jahre 1937, zuvor und danach, sich um die Reisen mit „Robert Ley" und die Landreisen nach Tirol gerissen hatten, des Dankes voll! Oder der Prokurist, der ein kleines „Anonymes" lanciert hatte (vielleicht wurde man Treuhänder?). Daß sein Chef für ihn bereits 750.- Mark für einen Volkswagen einbezahlt hatte, war ihm entfallen - im November 1945! Den bekam man doch nicht mehr. Und was die liebe „Konkurrenz" anbelangte, nun, jetzt oder nie. Jetzt mußte man Vorsprung und die - Kundschaft der Firma Kleber & Co. bekommen:

„Guten Morgen, Herr Kaiser, wie, Sie wissen noch nicht, daß Kleber & Co. in vier Wochen fertig sind? Ja, die müssen schließen! Kleber sitzt schon seit zwei Wochen im Lager und wird abgeurteilt. Sicher nicht unter fünf Jahren Strafarbeit! Ja, Herr Kaiser, er war eben auch ein zu fanatischer Nazi! 500 Mark Winterhilfswerk jedes Jahr seit 1933. Da kaufen Sie man besser jetzt von uns. Wir waren immer Demokraten!"

Und „Kleber & Co." bekam einen Treuhänder.

Und wie hatte noch der Beamte von der „Property Control Commission" und der vom Wirtschaftsamt gesagt?:

„Nein, auf Wiederaufbau dieser Nazifirma legen wir keinen Wert. Ihre Spesen und Auslagen bestimmen Sie sich selbst und für Ihre Monatsvergütung gibt es keine Norm. Nehmen Sie sich erst mal 1.500 Mark im Monat und, wenn Sie nicht auskommen, eben mehr. Das interessiert uns nicht!"

Und nun „treuhänderte" er, der bis Kriegsbeginn eine Gummiabsatzfirma vertrat, bei der alten Chemischen Spezialindustrie bis - ja eben bis man schon 1949 den Inhaber Kleber in der ersten Entbräunungsverhandlung sofort in Gruppe V stufte und somit entlastet hat. Es war wirklich nichts zu finden bei Herrn Kleber. Alle Zeugen meinten, er sei ein grundanständiger Mann mit einem Herzen voll sozialen Gefühls gewesen - ein prachtvoller Chef - sagten die Angestellten und Arbeiter, die ihre Stellung schwimmen sahen. „Denn der Treuhänder war ein Ignorant und außerdem ein - Strolch", meinten sie.

Herr Kleber kam zurück. Der Umsatz war noch 18 % von einst, die Bestände und Vorräte an Rohstoffen „geräumt" (im Jahre 1947) und das Bankkonto von 178.000 Mark im August 1945 auf 1.650 Mark eingeschrumpft. Der Herr Treuhänder hatte sich mit 84.000 Mark honoriert in 3 1/2 Jahren und an Aufwendungen bescheidenerweise nur 21.800 Mark verbucht.

Der Treuhänder begann nun wieder in „Schuhabsätzen" zu machen.

Kleber & Co. liquidierten 1950 aus Mangel an Betriebskapital. Herr Kleber starb an einem Herzleiden, das er sich 1945 bis 1947 im Internierungslager zugezogen hatte.

So sah es in der „freien Wirtschaft" aus. Tausende der seriösesten und saubersten Firmen zerbrachen.

Vom Einmannbetrieb des Kohlenhändlers bis zur soliden mittelgroßen Industrie. Die Konzerne und Großaktiengesellschaften hatten die Hände mit im Spiel. Die Patience war - aufgegangen.

Die Kalkulationen stimmten. Das Finanzkapital - hochliberalistisch - hatte die Scharte der „meschuggenen" Hitlerepoche ausgewetzt. Was aus dieser „lächerlichen" Entnazifizierung mit den deutschen Goi's alles zu machen war!

Wer hätte das je gedacht?

Es hat auch nicht an komischen, tragikomischen Entnazifizierungsentscheiden gefehlt. Man nahm sie grimmigen Humors und mit dem Gelächter der Ironie zur Kenntnis.

In der von Frankreich besetzten Zone haben die Herren Entnazifizierer zusätzlich „Degradierungen" vorgenommen. Der „Oberwegewart" (Straßenbetreuung) wurden zum „ Wegewart" degradiert. Der „Oberholzfäller" zum „Holzfäller". Der „Toilettenmann" wurde „versetzt" in eine andere Toilette. Der „Professor" Pg. mußte strafweise Straßen kehren, und der Straßenkehrer - auch gewesener Pg - wurde „entlassen" und schaute nun dem früheren „Professor" bei der Arbeit zu. Fünfzigjährige Chirurgen verschwanden strafweise aus den Operationssälen, und eben vom Heeresdienst entlassene 25jährige Assistenzärzte „operierten" nun.

Oberfeuerwehrleute der freiwilligen Dorffeuerwehren wurden degradiert zum einfachen „Feuerwehrmann", weil sie „Hitlerjugend" gewesen waren.

Aber diese Jungbauern reagierten darauf sauer. Sie traten geschlossen aus der freiwilligen Feuerwehr des Dorfes überhaupt aus.

Laßt es doch brennen, sagten sie. „Ohne uns!" Der Herr Befreiungsminister mag löschen kommen!

Und da mußte sich der neu ernannte Dorffeuerwehrhauptmann auf die Reise begeben und Feuerwehrmann um Feuerwehrmann besuchen und jeden einzeln unter sofortiger Wiederbeförderung zum „Oberfeuerwehrmann" zurückholen. Burlesken von Entnazifizierung!

Ein einziger Sumpf, die ganze Entnazifizierung, landauf, landab, der jenen der Sklarek und Kutisker, Böss und Konsorten aus der Weimarer Demokratie weit, weit hinter sich ließ.

Weiter ging die Entnazifizierung. Sie überdauerte 1947 und 1948. Und sie war auch 1949, nicht einmal 1950 zu Ende. Sie ist es heute noch nicht in einigen Ländern. Sie wirkt fort wie alles Laster.

Da und dort gaben sich Länder zusätzliche Entnazifizierungsgesetze, die aufgebaut sein sollten und mußten auf den noch heute allein rechtskräftigen Besatzervorschriften so ausführlicher und mannigfacher Art. - Es aber meist nicht waren, sondern abwichen je nach Belieben und Zweck der jeweiligen Länderregierung.

Es sei zugegeben, daß ein paar Einsichtige von 1949 an in wenigen Ländern mit diesen Gesetzen Erleichterungen schufen - Erleichterungen für die Zukunft.

Keines der Länder aber war bereit, getanes Unrecht der Vergangenheit wieder gutmachen zu wollen. - da und dort von vereinzelten Ausnahmen abgesehen.

Später, so um 1950 und 1951, brachten sie dann sogenannte "Entnazifizierungsabschlußgesetze".

Sichtbarer, einziger Zweck dieser „Abschlußgesetze" war, rechtliche Forderungen der Entnazifizierten auf Wiedergutmachung und somit Ansprüche an das Land unmöglich zu machen. Sie wollten sich ihrer Ersatzleistungspflicht durch ein - wie sie meinten - unanfechtbares Gesetz entledigen.

Inzwischen nämlich hatten die gequälten Entnazifizierten ihren Schock, ihre Internierung, ihre Narkose überwunden und begannen - im Vertrauen auf die Versprechungen, einen Rechtsstaat zu schaffen - ihre Forderungen auf Ersatz und Wiedergutmachung zu stellen.

Arbeiter und Angestellte vor den Arbeitsgerichten, die Beamten bei den Verwaltungsgerichten und teilweise zusammen mit all den übrigen vor den ordentlichen Gerichten.

Aber nicht nur die Entnazifizierung ist besatzervorschriftsgemäß Sache der Länder, die Justiz selbst ist mit Ausnahme der Revisionsinstanzen des Bundes ebenso - Ländersache.

Die Beklagte, das Land meistens, ist die Herrin der Justiz; sie setzt die Richter ein, besoldet sie und - entläßt sie gegebenenfalls.

Und es waren ja auch guten Teils die im Jahre 1945 oder 1946 neu eingesetzten Richter, mit und ohne Ressentiments, mit und ohne Auftrag, mit und ohne Abhängigkeitsfurcht und Aengsten.

Es ist somit nicht viel Gutes zu berichten aus der Rechtsprechung in Sachen Entnazifizierungsunrecht aus den Jahren 1947 bis 1950.

Aber irgendwann dann schlug die Tide um. Hier und da ein Landesarbeitsgerichtsurteil zu Gunsten des Entnazifizierungsentrechteten machte aufhorchen. Und da ein Land - dort ein Oberlandesgerichtsurteil. Die Kommentatoren sprangen in die Breschen.

Beste, objektive und in die Tiefe schürfende Rechtsgedanken änderten die Betrachtung und wandelten die Anschauungen. Die „Rechtsprechung" jener Jahre 1948/49 begann zu versinken.

Der Bundesgerichtshof entstand und wirkte.

Er entschied: Es waren gar keine „Entlassungen" im Jahre 1945, es konnte sich nur um „Suspendierungen" handeln. Der Wermuthstropfen aber fiel alsbald - ein anderer Senat des Bundesgerichtshof entschied: „Jawohl, Suspendierungen - nicht Entlassungen", aber „vergütet wird auch für die „Suspendierungszeit" nicht!"

Die neue, gewandelte Rechtsprechung breitet sich in die Tiefe und die Weite und ergreift alle Phasen und Texte der Entscheidungen der Entnazifizierungsbehörden der Länder nebst deren Auswirkung durch die Länder oder Arbeitgeber - sie wird eine neue ständige.

Wer in Gruppe V eingestuft und somit entlastet worden war, mußte zugleich frei sein von jeder Maßregel. So wollten es die Militärregierungsanordnungen. Tausendfältig aber war diese zwingende Vorschrift durch die Ausschußentscheidungen gebrochen worden. Nun sprachen die Gerichte - zuletzt der Bundesgerichtshof.

Eindeutig und klar wurde der Rechtsstandpunkt herausgearbeitet und in unzähligen Urteilsbegründungen mit unwiderlegbarer Logik ausführlich dargelegt.

Das freilich konnte gewisse renitente Länderregierungen noch keineswegs veranlassen, nunmehr wenigstens die Rechtsirrtümer von zuvor generell zu korrigieren oder neue Klagefälle zu vermeiden. Pochend auf ihre tausendfache wirtschaftliche Ueberlegenheit gegenüber dem völlig ausgebluteten, durch die Entnazifizierungsmaßnahmen verarmten und verschuldeten Beamten und Angestellten, zwangen sie in unendlichen Fällen fast jeden Einzelnen zur Einreichung einer neuen Klage. Dabei versuchten sie schon zu Beginn der Klage die Erteilung des Armenrechts zu inhibieren.

Zum Teil verwiesen sie in ihren Schriftsätzen auch auf sogenannte Länder-Sparverordnungen der Jahre 1945 und 1946, die zwar längst überholt und ungültig waren, aber - man konnte es ja den armen Teufeln gegenüber versuchen.

Dann und wann, wenn die Chance für die „Entnazifizierer" in der Klage zu schlecht geworden war, - versuchte man dem Urteil, das ja immerhin zufolge seiner Publikationsfreiheit weitere Kreise ziehen konnte, durch einen Vergleich zu entgehen.

Das waren dann meist Vergleiche, bei denen der „Entnazifizierte" weitere materielle Einbuße erlitt, aber von seiner Not gezwungen wurde, auf den Vergleich einzugehen, um nicht ein oder zwei weitere Jahre, - die Berufung und Revision erfordert hätten, - der Unsicherheit zu verlieren.

So verstand man das „Recht" in bestimmten Lagern des neuen Deutschland. Und trotzdem! Irgendwann - es ist nicht lange her - kamen dann doch endlich Gerichtsentscheidungen, die - in wachsender Zahl - das vernichtende Urteil am System der Entnazifizierung aussprachen.

Deutsche Richter in wiedergefundener und traditioneller Unabhängigkeit nannten die Dinge beim richtigen Namen.

Sie sprachen von Rechtsirrtümern und rechtsnichtigen oder rechtsungültigen Entscheidungen der „Entnazifizierungsbehörden", von groben Ermessensüberschreitungen und schuldhaftem Amtsmißbrauch und von dem bedauerlichen Fehlen einer "Revisionsinstanz".

 

 


1988:

Grandpa turned 85.

All the town honoraries of Ruesselsheim, Germany came to his birthday party and shook the hand of the prominent citizen.

[They all called him "Herr Doktor" and were in awe.]

[The irony is, that everybody assumed that his doctorate was in Law, but it wasn't!]

Almost every day, grandpa would still WALK (remember, he could not have a car!) from home to his office, and spend a couple of hours in front of his old-fashioned 1950 typewriter, writing up another property sales contract...